Romantik pur
MATTSEE / DIABELLI-SOMMER / AUFTAKT
07/06/10 Mit einem ansprechendem Programm romantischer und spätromantischer Kompositionen eröffnete die Camerata Salzburg unter Leitung von Lukas Hagen den zehnten Mattseer Diabelli-Sommer.Von Christiane Keckeis
Festliche Eröffnungen haben es an sich, dass das ein oder andere kulturpolitische Statement gegeben werden muss, und so war auch in der stimmungsstarken Stiftskirche in Mattsee die Geduld des musikhungrigen Zuhörers gefordert. Erst nach einer knappen halben Stunde durfte die Camerata das Podium erklimmen – ein leicht mühsamer Start.
Auch die Musizierenden schienen das zu empfinden; so dienten die einleitenden zwei elegischen Melodien Edvard Griegs noch dazu, die Schwerfälligkeit abzulegen und in den Fluss zu kommen, den Konzertmeister Lukas Hagen mit Leidenschaft, Brillanz und Vorstellungskraft einforderte, ohne dass ihm alle Kolleginnen und Kollegen folgen konnten. So entstand ein etwas diffuses Bild, wohl mit schönen differenzierten Klangfarben, das aber die spätere Stimmigkeit noch missen ließ.
Im Zentrum des Abends stand eine Uraufführung des Wahl-Salzburgers Shane Woodborne: ein dreisätziges Konzert für Violine und Streicher, gewidmet der Solistin Natalie Chee, die den Solopart denn auch engagiert und virtuos musizierte. Wie man es vom Komponisten Woodborne gewohnt ist, erklang eine (fast zu) publikumsfreundliche, eingängige Musik mit viel dramatischer Expression, starken rhythmischen Akzenten, schönen, gelegentlich fast depressiven Pianissimi, stimmungsvoll instrumentiert, die mit ihren spätromantischen Anklängen gut ins restliche Programm passte und wenig Affinität zu der Vorstellung zeigt, die allgemein bezüglich Neuer Musik entwickelt wird. Mit Bravi für Solistin und Komponisten wurde das Werk vom Publikum goutiert.
Liebevoll musizierte das Camarata- Ensemble den zweiten Teil des Programms: die Streicherserenade von Edward Elgar überzeugte mit durchsichtiger Achtsamkeit, feinen Akzenten und elegantem Schwung, die Innigkeit des zweiten Satzes, die wunderschönen Pianissimi berührten ebenso wie das Entlangspielen am Atem, das in Sibelius „Valse triste“, einem todesnahen Werk, bis zur Atemlosigkeit und zum Atemstillstand führte und unter die Haut ging. Störend lediglich, dass die beiden Cellisten sich nur selten auf eine einheitliche Intonation einigen konnten. Zwei Walzer von Dvorak bildeten einen herrlich musikantisch-lebendigen Schluss des Programms. Aus der Spannung zwischen Vorhalt und Schwung schöpfend übertrug sich die musikalische Freude von der Bühne lächelnd ins Auditorium.
Mit der Zugabe gesellte sich schließlich Janacek in den romantischen Reigen und entließ das begeisterte Publikum in den lauen, nicht weniger romantischen Sommerabend.