Die Welt ist in Ordnung und alle haben sich lieb
IM KINO / INTOUCHABLES
13/01/12 „Intouchables“ – der deutsche Verleihtitel „Ziemlich beste Freunde“ ist wieder einmal sehr unglücklich gewählt – ist einer jener Filme, die gemacht werden, damit das Kinopublikum sich gut fühlen darf.
Von Andreas Öttl
Genauer gesagt: jenes „bürgerliche“ Kinopublikum, das nun einmal einen Großteil des hiesigen Arthouse-Publikums ausmacht. Allzu oft bekommt dieses ja Filme vorgesetzt die (wie schlimm!) tatsächlich ernsthaft gesellschaftliche Probleme behandeln und die dementsprechend schwer genießbar sind. Der Kommentar vieler Leute lautet dann meist: Probleme hat man ja in der Realität schon genug, da will man sie nicht auch noch im Kino erleben...
Nun, genau genommen werden auch in „Intouchables“ gesellschaftliche Probleme und soziale Ungerechtfertigkeiten aufgegriffen. Allerdings werden diese hier in einer Form „Feelgood-Movie“ präsentiert, bei der selbst Amélie Poulain vor Neid erblassen würde und die Hollywood-Produzenten wohl bereits an ein Remake denken lässt.
Daran ändert auch die Tatsache nicht dass die unglaubwürdig klingende Geschichte von „Intouchables“ (frei übersetzt „die nicht in Berührung kommen“) von einer wahren Begebenheit angeregt ist. Von einem realistischen Film kann man dennoch nicht sprechen, ebenso wenig aber von einer sozialkritischen Fabel wie etwa jüngst Aki Kaurismäki’s „Le Havre“. Der Film ist, auch was die technische Umsetzung und die einfältige Klaviermusik anbelangt, erschreckend konventionell gemacht.
Es geht um einen querschnittsgelähmten Aristokraten, der einen dunkelhäutigen Arbeitslosen aus der Vorstadt als Pfleger aufnimmt und sich in weiterer Folge mit ihm anfreundet. Diese Freundschaft sorgt – verbunden mit den üblichen „Culture Clash“-Klischees – für einige vergnügliche Momente. Etwa wenn der lockere junge Mann sich an die Sekretärin seines Arbeitgebers heranmacht und dem verklemmten Millionär dabei gleich einige Nachhilfestunden in Sachen Flirten gibt. Erfrischend sind auch die mitunter politisch unkorrekten Sprüche, die deutlich machen, wie viel ungezwungener man in Frankreich mit der Immigranten-Problematik umgeht.
Bei aller Sympathie, die dieser Film für seine beiden Hauptfiguren weckt: Die wahren Probleme im Umgang mit Randgruppen der Gesellschaft werden ausblendet. Dies mag wohl dem idealistischen Weltbild der beiden Regisseure entsprechen. Sein Film jedenfalls scheint zu sagen: die Welt ist noch in Ordnung und alle haben sich lieb.
In Frankreich war der Film trotzdem – oder wahrscheinlich gerade deshalb – ein Riesenerfolg. Menschen lieben eben Minderheiten – aber leider nur im Kino...