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Wir Rainbergler, dreißig Jahre älter

IM KINO / UP TO NOTHING

07/11/11 „Züri brännt“ – diesen Kultfilm haben die jungen Leute im damals noch sehr jungen Salzburger „Das Kino“ gesehen und darauf gereimt: „Salzburg pennt“. Damals, 1981, ist der Verein ARGE Rainberg entstanden. – Filmpremiere „Up to nothing. Aufruhr im Mozartdorf“.

Von Reinhard Kriechbaum

altNicht, dass das damals der allererste Funke gewesen wäre: Ganz zaghaft hatte sich die 68er-Bewegung ja Ende der siebziger Jahre doch sogar nach Salzburg durchgesprochen, in eine Studentenschaft, die geprägt war von jungen Leuten „mit oberösterreichischem Migrationshintergrund“. „Schon“ 1976 hatte man testhalber den Petersbrunnhof besetzt, nach Arena-Vorbild, und ganz im Verborgenen blühten der links-politische WG-Palaver und „verzögertes Hippietum“, wie es einer der Protagonisten von damals nicht ohne Selbstironie formuliert.

Aber 1981/82 kam es ganz dick. Da brodelte es im „Gegenlicht“ in der Griesgasse, und man warf ein Auge auf die alte Sternbrauerei. 24.000 Quadratmeter Jugendkultur in Selbst- oder Garn-nicht-Verwaltung: Davon träumten die „Rainbergler“. Börnie Rothschädl und seine Chaos-Gruppe „Mitzis Brötzner“ machten Dinge, mit denen man damals noch ehrenhafte Salz-Bürger noch erfolgreich schrecken konnte.

Hermann Peseckas hat schon damals fleißig gefilmt, und sein Archiv ist voll mit hautnah Erlebtem. Daraus ist nun ein aussagekräftiger zeitdokumentarischer Film entstanden. Gemeinsam mit Markus Grüner-Musil und Piet Six hat Peseckas Wortführer und Mitläufer von damals vor die Kamera gebeten. Diese Leute haben viel zu erzählen, und sie taten es gar nicht selbst-verklärend (obwohl die Augen leuchten, wenn sie sich an die Zeit damals erinnern), sondern oft erstaunlich spöttisch sich selbst gegenüber.

Die Fülle an Doku-Material ist imponierend, es ist pfiffig zusammengeschnitten mit den heutigen, quasi „posthumen“ Statements der Handelnden. So wird der kritisch-distanzierte Blick verstärkt. „Up to nothing“ hat logischerweise für die damals Handelnden hohen Identifikations- und Unterhaltungswert, wie die Premiere am Donnerstag (3.9.) im „Das Kino“ zeigte. Sie sind zu dem Anlass natürlich vollzählig aufmarschiert (soweit sie noch in Salzburg leben). Sogar der damalige Bürgermeister Josef Reschen und sein Jugend-Stadtrat Gerhard Buchleitner waren da, Buh-Mann der eine, Sympathieträger „mit Handschlagqualität“ der andere. Ein Familien-Treff sozusagen – aber ein Film, den sich ruhig auch jüngere Salzburger anschauen sollten. Sie erfahren da viel über den latenten Denk-Minimalismus im „Mozartdorf“.

Interessant dann die Diskussion. Tenor: Gut eigentlich, dass nichts geworden ist aus dem Riesen-Projekt Sternbrauerei, dass man eingestiegen ist auf die 1.600 Quadratmeter im Nonntal. Denn so wuchsen innerhalb weniger Jahre aus dem ursprünglichen Input der „Rainbergler“ mehrere dezentrale Zentren, was für die Vielfalt der freien Szene letztlich sehr gut war. Gerhard Buchleitner: Das Sternbrauerei-Projekt wäre in seiner Dimension für eine Millionenstadt passend gewesen, nicht für Salzburg. Wahrscheinlich hat er recht. Wenn man die Quadratmeter aller Kulturzentren in Salzburg addiert, die jetzt Jugendlichen offen stehen, kommt man vermutlich auf weit mehr als die ursprünglich eingeforderten 24.000 Quadratmeter. Was aber bis heute Utopie ist: die Selbstverwaltung. Die spielt’s wohl nicht im Mozartdorf.

Die DVD „Up to nothing“ ist über das Studio West zu beziehen - www.studio-west.net
Bilder: Studio West / Hermann Peseckas
Zur Glosse {ln:Salzburger Jugend mit Fünfundfünfzig}
Zum Gastkommentar Der erwartete Widerspruch

 

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