Den dunklen Seelen der Mitmenschen auf der Spur
TODESFALL / FLORIAN FLICKER
24/08/14 Wenn ein Film Marke Florian Flicker herausgekommen ist, bedeutete das meist auch: ein Regen an nationalen und internationalen Auszeichnungen. So war das von „Suzie Washington“ (1998) an über „Der Überfall“ (2000) bis zu „Grenzgänger“ (2012). Nur zwei Tage nach seinem 49. Geburtstag ist der in Salzburg geborene Filmregisseur in Wien einer Krebserkrankung erlegen.
TODESFALL / FLORIAN FLICKER
24/08/14 Wenn ein Film Marke Florian Flicker herausgekommen ist, bedeutete das meist auch: ein Regen an nationalen und internationalen Auszeichnungen. So war das von „Suzie Washington“ (1998) weg, über „Der Überfall“ (2000) bis zu „Grenzgänger“ (2012). Nur zwei Tage nach seinem 49. Geburtstag ist der in Salzburg geborene Filmregisseur in Wien einer Krebserkrankung erlegen.
Von Reinhard Kriechbaum
Es sei ihm gelungen „ein brisantes Thema mit Würde zu erzählen“, „sein Heimatland Österreich zwischen Tourismusparadies und Fremdenfeindlichkeit zu kritisieren, ohne es zu denunzieren“ – so lobte der Berliner Tagesspiegel Flickers Film „Suzie Washington“, in dem eine Georgierin (gespielt von Birgit Doll) die Hauptrolle spielt: Sie wollte eigentlich in die USA emigrieren und strandet in Österreich - eine Flucht, in deren Verlauf sie Begleiter, Transportmittel und Identitäten wechselt.
Für dieses Road Movie hat Florian Flicker den Großen Preis der Diagonale bekommen, so wie zwei Jahre später (2000), für dessen drei Hauptdarsteller Joachim Bissmeier, Roland Düringer, Josef Hader es auch einen Bronzenen Leoparden beim Festival in Locarno gab.
Damals hieß es in der Süddeutschen Zeitung: „Spätestens seit Thomas Bernhard ist es eine lieb gewordene verhasste Tradition der Österreicher, den eigenen Charakter auf den Seziertisch zu legen - und ein wenig so zu tun, als gehörte man selbst gar nicht dazu. Genauso läuft es auch im Schneideratelier, wo die drei Zufallskontrahenten gnadenlos in den Wunden der anderen bohren, ohne zu merken, dass sie dabei selber auch bluten müssen.“
Florian Flicker interessierte das Doppelbödige im Denken und Fühlen seiner Mit-Österreicher. Das blieb nicht auf Spielfilme beschränkt .Er war vielfältig interessiert, auch fürs Theater hat er gearbeitet, am Wiener Schauspielhaus inszeniert („Juli“ und „Die Strudlhofstiege“, Folge 8“) und Zeitungsreportagen geschrieben (u.a. für den Standard und den Falter). Er ließ sich nicht hetzen als Filmemacher, nach langer Pause erst legte er 2012 den Streifen „Grenzgänger“ vor, seine Adaption des „Weibsteufel“-Stoffes. Die „Grenzgänger“ hatten beim Filmfestival Premiere, bekamen dort den Hauptpreis und bei uns gleich drei Österreichische Filmpreise (2013), darunter jenen für das beste Drehbuch (das von Flicker stammte). Der Streifen landete auch auf der Longlist des Europäischen Filmpreises.
Die Anfänge Flickers lagen im Experimentalfilm und Expanded Cinema, mit „Halbe Welt“ legte er 1993 seinen ersten Spielfilm vor. 2006 erschien sein bei den Hofer Filmtagen sowie als Diagonale-Eröffnung aufgeführter Dokumentarfilm über die niederösterreichischen Westernstadt-Touristenattraktion "No Name City".
Begonnen hatte Flicker als Experimentalfilmer. Diesem Genre war sein erster abendfüllender Streifen „Halbe Welt“ zuzurechnen. 1997 hat er mit seinem „Attwengerfilm“ (über die Neue-Volksmusik-Gruppe Attwenger) eine viel beachtete und – natürlich auch mehrfach ausgezeichnete – Musik-Doku vorgelegt.