Von der Traufe zurück in den Regen
M PORTRÄT / MARKO DINIĆ
2511/20 Marko Dinić erhält das mit 10.000 Euro dotierte Jahresstipendium Literatur des Landes Salzburg. 2016 war er für den Bachmannpreis nominiert. Im Frühjahr 2019 erschien im Wiener Zsolnay Verlag sein Debütroman Die guten Tage. Auch das aktuelle Buchprojekt von Marko Dinić gilt der Geschichte Belgrads.
Von Heidemarie Klabacher
Im Zentrum des Romans stehe „ein jüdisches Schicksal in der von der Gestapo für ‚judenfrei‘ erklärten Stadt“. Schon ein Text-Auszug habe die Jury von der Qualität des künftigen Romans überzeugt: Es gelinge dem Autor „auf wenigen Seiten ein lebendiges Panorama der belagerten Stadt zu zeichnen“. Dinićs Schreiben verstehe sich „als Selbst- und Weltbefragung mit literarischen Mitteln und hohem formalen Anspruch“. Vor allem aber überzeuge Dinićs Romanprojekt „durch die Dringlichkeit des Themas“: „Was jüdische Identität bedeutet und was das in Zeiten, in denen diese Identität einem Todesurteil gleichkommt, heißt, das wird dieser Roman, so viel ist jetzt schon abzusehen, plausibel und anschaulich machen.“
Die Jury bestand aus Elke Laznia (Autorin), Joe Rabl (freier Lektor und Literaturveranstalter in Innsbruck) und Josef Kirchner (Verein mosaik und Kurator Literaturfest Salzburg). Insgesamt gab es 15 Bewerbungen für das aktuelle Jahresstipendium Literatur des Landes Salzburg. Es sei ihm „eine Ehre vonseiten jenes Literaturbetriebs gewürdigt zu werden“, den er „gemeinsam mit meinen Freundinnen und Freunden von der Literaturplattform mosaik über Jahre hinweg mitgestalten durfte“, so Marko Dinić zur Förderung.
Der gebürtige Wiener Jahrgang 1988 lebt und arbeitet seit 2008 als freischaffender Autor in Wien, Kindheit und Jugend verbrachte er in Belgrad. In Salzburg studierte er Germanistik und Jüdische Kulturgeschichte. Dinić ist Vorstandsmitglied der Literaturplattform mosaik und Redaktionsmitglied der gleichnamigen Literaturzeitschrift, sowie Mitbegründer des Kunstkollektivs Bureau du Grand Mot und Organisator des Interlab Festival für transdisziplinäre Kunst und Musik. Seine Texte erschienen in Zeitschriften und Anthologien wie Kolik, Lichtungen oder Lyrik im Anthropozän. 2016 war Marko Dinić für den Bachmannpreis nominiert. Im Frühjahr 2019 erschien im Wiener Paul Zsolnay Verlag sein Debütroman Die guten Tage: „In einem Bus, dem täglich zwischen Wien und Belgrad verkehrenden 'Gastarbeiter-Express', rollt der Erzähler durch die ungarische Einöde. Jener Stadt entgegen, in der er aufgewachsen ist. Die Bomben, der Krieg, Miloševic, den er zuerst lieben, dann hassen gelernt hat, und der Vater, für dessen Ideologie und Opportunismus er nur noch Verachtung empfindet, hatten ihn ins Exil getrieben. Entkommen ist er dem Balkan auch dort nicht...“, heißt es auf der Website des Zsolnay Verlages über Die guten Tage.
Nun blickt Dinić weiter einige Jahrzehnte weiter zurück in die Vergangenheit der Balkanmetropole: „Im eingereichten Romanprojekt mit dem Arbeitstitel ‚ISAK‘ beschäftigt er sich abermals mit einem Kapitel aus der Geschichte Belgrads, jenen traumatischen Jahren während der Zeit der Okkupation durch die Nationalsozialisten; im Zentrum des Romans steht ein jüdisches Schicksal in der von der Gestapo für ‚judenfrei‘ erklärten Stadt.“