Dem Instinkt vertrauen. Sich selber Zeit geben
IM PORTRÄT / TABEA ZIMMERMANN
16/03/17 „Ich bevorzuge den direkten Kontakt zu anderen Musikern über mein Instrument. Auch wenn ich heute ein umfassenderes Bild von einer Komposition habe als vor zwanzig Jahren, habe ich nicht den Wunsch, eine Aufführung zu kontrollieren. Die besten Ergebnisse lassen sich erreichen, wenn sich jeder Musiker eingeladen fühlt, eine Interpretation mit zu gestalten, wenn die Kommunikation über den musikalischen ‘Flow’ stattfindet.“ Die Bratschistin Tabea Zimmermann spielt heute Donnerstag (16.3.) mit dem Mozarteumorchester unter Domingo Hindoyan.
Von Heidemarie Klabacher
Paul Hindemith ist noch immer ein eher seltener Gast auf den Konzertprogrammen. Im Abo-Konzert des Mozarteumorchesters heute Donnerstag (6.3.) im Großen Saal des Mozarteums steht er im Mittelpunkt. Zu den Künstlern, die sich immer wieder und mit besonderem Engagement für Hindemith einsetzen, gehört Tabea Zimmermann: Spielt die „Trauermusik für Viola und Streicher“ aus dem Jahr 1936 und „Der Schwanendreher“, das „Konzert nach alten Volksliedern für Viola und kleines Orchester“. Auf Hindemith folgt Rober Schumann mit seiner Symphonie Nr.1 B-Dur Der Frühling.
Die vielfach preisgekrönte Künstlerin ist, wie heute in Salzburg, international als Solistin gefragt, als Kammermusikerin ist sie Mitglied im Arcanto-Quartett, als Lehrende unterrichtet sie als immerhin schon seit 2002 als Professorin für Bratsche an der Hochschule für Musik “Hanns Eisler” in Berlin. Zudem ist sie etwa Vorsitzende des Vorstandes und des Stiftungsrates des Beethoven-Hauses Bonn, seit 2015 in der künstlerischen Leitung der Beethoven-Woche – und Tabea Zimmermann ist Mitglied des Rates der Hindemith Stiftung Blonay in der Schweiz.
Auch die jüngste ihrer zahlreichen Auszeichnungen ist mit Hindemith verbunden: Tabea Zimmermann erhielt 2014 den „Echo Klassik“ als Instrumentalistin des Jahres für ihre CD mit Werken von Hindemith Vol. 1 für Viola und Orchester. Zimmermann gehört zu den (immer rareren) Künstlern, die quasi gemeinsam mit ihrer Karriere reiften und reifen: „Eine Karriere sollte niemals dem eigenen inneren Wachstum davoneilen. Aspekte wie Klang und tonales Volumen brauchen Zeit zur Entwicklung. Das ist nicht nur eine Frage der Hände und der Muskulatur oder der Technik. Die Vorstellungskraft muss sich ebenfalls entwickeln“, schreibt die 1966 in Lahr im Schwarzwald geborene Künstlerin auf ihrer website. Eine direkte Beziehung zu Salzburg weist die Biographie Tabea Zimmermanns ebenfalls auf: Von 1986 bis 1987 studierte sie bei Sandor Végh am Mozarteum.
1983 hat Tabea Zimmermann den ersten Preis beim Internationalen Bratschenwettbewerb „Maurice Vieux“ Paris gewonnen - einer Bratsche von Étienne Vatelot, mit der sie noch heute konzertiert. Sie die zahlreiche Wettbewerbe gewonnen hat, steht dem Wettbewerbsbetrieb mit einer gewissen Distanz gegenüber: „Allzu oft wird ein junger Wettbewerbsgewinner von einer Agentur als ‘der neue Star’ unter Vertrag genommen; die Publicity-Maschine fängt an zu laufen und der Musiker muss zahllosen Verpflichtungen nachkommen.“ Der junge Künstler fühle sich „oft wie der sprichwörtliche Hamster im Rad“: „Wer kann als Künstler unter solchen Bedingungen heranreifen? Mein Rat an alle jungen Musiker lautet, ihren eigenen Instinkten zu vertrauen und sich selbst Zeit zum Wachsen zu erlauben. Nur dann kann etwas Außergewöhnliches geschehen.“