„alla Turca“
IM PORTRÄT / FAZIL SAY
27/09/16 Seine erste Sinfonie „İstanbul Senfonisi“ für großes Orchester und türkische Instrumente aus dem Jahr 2008 war ein Auftragswerk des Konzerthauses Dortmund und des WDR. Die dritte Sinfonie „Universe“, ein Auftragswerk des Mozarteumorchesters, wurde am 7. Oktober 2012 unter Ivor Bolton im Großen Festspielhaus in Salzburg uraufgeführt.
Von Heidemarie Klabacher
und Horst Reischenböck
Die derzeit „jüngste“ Komposition des Pianisten und Komponisten Fazil Say, die Orchester-Rhapsodie „Kapalı Çarşı“ Großer Basar, ist ein Auftragswerk des Real Orquesta Sinfónica de Sevilla und grade erst fertig geworden. Nur wenig älter sind die „Symphonic Dances for orchestra“ aus 2015, entstanden als Auftragskomposition des Musikkollegiums Winterthur im Vorjahr.
International, weltoffen, kulturübergreifend im besten Sinne ist das Schaffen und Wirken des 1970 in Ankara geborenen Fazil Say. Auftragswerke an den Komponisten aus und Engagements des Pianisten in der ganzen Welt zeugen von der Bedeutung des Künstlers, der sich dem klassischen wie dem zeitgenössischen Repertoire widmet.
National Orchestra of Belgium, Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, Menuhin Festival Gstaad, NDR Radiophilharmonie, ARD Musikwettbewerb, Kissinger Sommer, Schleswig-Holstein Musik Festival, Brucknerorchester Linz – das sind nur einige Auftraggeber der letzen Jahre. Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich hat 2005 das Konzertstück für Klavier und Orchester „Thinking Einstein“ bekommen; die Stadt Bayreuth in Zusammenarbeit mit der Klaviermanufaktur Steingraeber & Söhne das Klavierstück „Nietzsche und Wagner“ zum Richard Wagner Jahr 2013.
Nicht vergessen sei das Konzertstück „Nirvana Burning“ für Klavier und Orchester
aus 2010, das die Salzburger Festspiele in Auftrag gegeben haben. Ein Salzburg-Bezug lässt sich natürlich über „Alla Turca Jazz“ herstellen: Die Fantasie über das Rondo aus der Klaviersonate A-Dur KV 331 von Wolfgang Amadeus Mozart hat Fazil Say für Klavier 1993 geschrieben. Die orchestrierte Fassung wurde 2003 vom Zürcher Kammerorchester unter Howard Griffiths uraufgeführt mit dem Komponisten als Solisten. Von „Alla Turca Jazz“ gibt es auch eine Fassung für Streichsextett und lustigerweise auch eine für sechs Violoncelli.
Sein Konzert für zwei Klaviere und Orchester „Gezi Park 1“ aus 2013 stand in einer Fassung von Martin Grubinger für zwei Klaviere und Schlagzeugensemble erst heuer bei den Festspielen auf dem Programm. Auch Bei der Stiftung Mozarteum ist der Künstler regelmäßig zu Gast – als nächstes bei der Mozartwoche am 27. Jänner 2017: An Mozarts Geburtstag spielt der Pianist ein klassisches Sonatenprogramm. Am 21. April kehrt er dann, als Solist im AboPlus-Konzert der Camerata Salzburg, zurück in den Großen Saal, mit Mozart und eigenen Werken im Gepäck: seinem Klavierkonzert Nr. 2 „Silk Road“ und der Kammersymphonie für Streicher op. 62.
Auch in der „Nachbarschaft“ ist Fazil Say regelmäßig zu Gast. Jüngst etwa bei den Traunsteiner Sommerkonzerten, wo er heuer bereits zum zehnten Mal aufgetreten und längst zu den Stammgästen zu zählen ist. Der Schwerpunkt galt heuer türkischen Komponisten, die von ihrem Landsmann Fazil Say virtuos und authentisch präsentiert wurden. So erklangen Kompositionen etwa der „Altmeister“ Ulvi Cemal Erkin und Ahmed Adnian Saygun, von dem noch lebenden Ilhan Baran. Dass ein Konzert mit ausschließlich Werken von bestenfalls Kennern namentlich bekannten Komponisten ein durchschlagender Erfolg werden kann, erfordert einen so zugkräftigen Interpreten wie Fazil Say, der natürlich auch eigene Werke spielte.
Seine auch Neuem aufgeschlossene Fan-Gemeinde, die teils weite Anreisewege in Kauf nahm, dankte mit Jubel. Fazil Says Moderation waren immer wieder auch aktuellen die Probleme zu entnehmen, die heute lebenden Komponisten in der Türkei, nicht zuletzt durch das jetzige Regime, entgegenschlagen. Der als regierungskritisch geltende Künstler, stand ja 2012 – kurz vor der Uraufführung seiner dritten Sinfonie „Universe“ durch das Mozarteumorchester – selbst vor Gericht.
Sein Konzertkalender führt Fazil Say am Samstag (24.9.) nach Bad Wörishofen, am 30. September nach Belgrad, am 9. Oktober nach Ankara und am 14. Oktober nach Genf. Am 17. und 18. Oktober ist er das nächste Mal in Österreich – für zwei Konzerte mit dem Kammerorchester Basel im Stephaniensaal in Graz.