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Unklare Verhältnisse

GLOSSE

Von Reinhard Kriechbaum

23/09/24 Kettenkarussell, Riesenrad und dräuender Biernebel über den dieser Tage schier unpassierbaren Altstadtplätzen. Es ist Ruperti-Kirtag, Fest für unseren Landesheiligen. Etwas unklar daneben scheint die Position seiner Nichte, die es immerhin posthum zur Landesmutter gebracht hat.

Überhaupt scheint es Handlungsbedarf zu geben. Beim traditionellen Ruperti-Treffen der ÖVP – es stand, wie wir dem regionalen Kleinformat entnehmen, „ganz im Zeichen des Wahlkampfs“ – wurde nämlich ruchbar, dass die 718 verstorbene Dame zur zweiten Landespatronin erhoben werden soll. Was für eine Botschaft für die Nationalratswahl! Da wird es uns leicht fallen, demnächst das Kreuzerl ins richtige, ins schwarze Feld zu setzen.

Die unklaren Verhältnisse derzeit sind mehr als verwirrend. Wir haben Rupert als Landespatron und Wilfried Haslauer als Landesvater. Landesmutter ist aber, wiewohl unterdessen in gebärfähigem Alter, keineswegs dessen Koalitions-Überlebenspartnerin Marlene Svazek. Diese Position hält seit vierhundert Jahren die heilige Erentrudis, erste Äbtissin auf dem Nonnberg. Erst vor kurzem sind Brauchtumsvereine und Schützenverbände nebst hoher Geistlichkeit mit ihren im Schrein verwahrten Gebeinen durch die Stadt gezogen. Was für ein Fest für Volkes Seele!

Verwirrung scheint es auch zu geben, was die politische Zuständigkeit betrifft. Wer erhebt jemanden zum oder zur Landesheiligen? Früher waren die Verhältnisse klar, Erzbischof und Landesfürst waren ja derselbe. Jetzt hat offenbar die Landesregierung mehr zu sagen als der geistliche Chef am Kapitelplatz. Aber der wird schon nichts haben gegen eine Landespatronin.

Salzburg übertrifft damit jedenfalls demnächst das südliche Nachbarland. Kärntens Hemma von Gurk kümmert weiter als Landesmutter dahin. Dürfen wir Jubel aus dem feministischen Eck ob unserer Landespatronin in spe erwarten? Den mindert möglicherweise die bittere Einsicht, dass es am 30. Juni (ihrem Todes- und Gedenktag) wohl keinen Erentrudis-Kirtag rund um den Dom geben wird. Dem Vernehmen nach wird es bloß ein Fest im Nonntal. Man kann nicht alles haben.

 

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