asdf
 

Ein Klavier, ein Klavier!

GLOSSE

Von Reinhard Kriechbaum

18/11/22 Sie erinnern sich an den netten Sketch von Loriot, in dem eine Familie mit einem Klavier überrascht wird und dieser Moment gespielter Freude im Home-Video festgehalten werden soll? Ein Klavier, ein Klavier... Wahrscheinlich tanzen die Musikmöbelschlepper bald im Parlament an.

Wolfgang Sobotka ist, wie man weiß, nicht nur ein auf jedem polit-sumpfigen Boden standhafter Taktiker, sondern auch ein passabler Taktschläger. Der studierte Musikpädagoge und Dirigent leitet seit vierzig Jahren ein Kammerorchester im niederösterreichischen Waidhofen. Nun hat er beschlossen, für's Foyer im Parlament ein Klavier anzuschaffen. Als Parlamentspräsident darf er das offenbar, ohne viel herumzufragen.

Ein Bösendorfer – und nicht nur wie seinesgleichen schwarz hochglanzpoliert, sondern mit Goldverzierungen. Der Deckel innen ist jugendstilig dekoriert, sogar „ver sacrum“ steht auf dem Notenpult. In Blattgold. Mehr brauchts nimmer im Kulturland Österreich, das sich eben erst entrüsten hat müssen, weil Umwelt-Aktivisten ein glasbedecktes Schiele-Bild mit einer leicht entfernbaren öligen Flüssigkeit beschmiert haben.

Ein Klavier wird man aus dem Parlament nicht so leicht wegkriegen, wie im Leopold-Museum die Flecken vom Glas. Ein Bösendorfer hat Gewicht – und seinen Preis. Dem Vernehmen nach kostet der G'spaß dreitausend Euro Monatsmiete. Da hört sich der G'spaß auf für gelernte Populisten mit dem Ohr nah am Volk.

„Ein Klavier, ein Klavier“, tönt es jetzt also rundum ehrlich entrüstet. Was könnte man mit den satten 36.000 Euro pro Jahr nicht alles an Gutem tun für die von steigenden Energiepreisen gepeinigten Menschen in unserem Land! Immerhin nicht ganz ein halber Cent fiele für jeden in Österreich lebenden Menschen ab, wenn wir richtig gerechnet haben. Da würden unser aller Stübchen schon für eine gute Zehntelsekunde um einen Grad-Bruchteil wärmer werden.

Aber es geht ja nicht ums warme Stübchen, sondern ums Herz. Und das krampft sich zusammen, wenn Geld für ein so unnützes Ding wie ein Klavier ausgegeben wird. Täte es, wenn's schon sein muss, für Festakte etwa, nicht ein preisgünstiges Yamaha-Pianino auch? Bösendorfer ist ohnedies längst innig mit den Japanern verbandelt.

Jedenfalls ließ in den vergangenen Tagen keine Zeitung den Anlass vorüberziehen, um Häme über den musikliebenden Wolfgang Sobotka zu gießen. Nicht, dass er uns als Politiker so außerordentlich sympatisch wäre, aber wir können uns noch viel Ärgeres vorstellen als ein Klavier im Parlament.

Die grüne Kultursprecherin Eva Blimlinger tat sich übrigens als Klavier-Verteidigerin hervor und setzte noch eins drauf. Sie könne sich sogar ein Parlamentsorchester vorstellen. Das muss nicht sein. Wahrscheinlich würden allein die Trompeten- und Posaunen-Crews aller Militär-Kapellen (davon gibt’s ausreichend in Österreich) genügen, um die Freunderlwirtschaft und die Korruption rauszublasen aus unserem Demokratie-Tempel.

 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014