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Amateur- oder Profitheater?

GLOSSE

Von Reinhard Kriechbaum

14/05/20 Wie ist das doch gleich mit dem Verursachen von Menschenaufläufen? Wenn Kabarettisten, Sänger und anderes Kultur-Gelichter die Szene betritt, ist Publikum nicht weit – und damit steigt die Ansteckungsgefahr bekanntlich ins Unermessliche. Drum darf man sich wohl seit einem Monat in Baumärkten und Gartencentern drängen, aber selbst die allerkleinste Kleinbühne muss dicht halten.

Mit Politikern ist's ganz was anderes. Die gelten wahrscheinlich als Laiendarsteller und dürfen deshalb seit Anfang Mai, so wie wir alle, wieder frei herumlaufen. Das geht, solange sie nicht Teil eines Amateurtheater-Ensembles sind. Dann griffe wieder die Zehn-Personen-Bestimmung.

Wer hätte auf die Idee kommen können, dass Bundeskanzler Kurz bei seinem Besuch im Kleinwalsertal mehr als zehn Leute interessiert? Dass er dort gar einen Menschenauflauf verursacht? Warum war er überhaupt dort? Balkanroute zu, Kleinwalsertal wieder offen – das ungefähr war's, wofür Sebastian Kurz sich dort feiern ließ. Es war übrigens das erste Mal, dass unser Bundeskanzler die Bundeshauptstadt verlassen hat seit den Corona-Restriktionen. Die Prioritäten sind bemerkenswert.

Sepp Schellhorn von den NEOS will Kurz jetzt anzeigen, weil es der Bundeskanzler mit Mundschutz und Abstand nicht so genau genommen habe. In einer Fernseh-Sekunde glauben wir gar einen Händeschüttler gesehen zu haben. Werden die Gerichte nun Kurz als Schauspieler und Laiendarsteller einstufen? Werden sie seinen Auftritt als den eines Mitglieds eines Amateur- oder gar Profitheaterensembles werten? Schließlich war ja auch der Vorarlberger Landeshauptmann mit von der Partie und auch der eine oder andere lokale Politiker.

Großer Schaden wird freilich nicht entstanden sein. Die Kleinwalsertaler leben ja, umweltschutzmäßig, in einer Super-Gegend. Der Biosphärepark gilt als Vorbild-Region für ganz Europa. Und resistent gegen Viren aus der Bundeshauptstadt sind die Gebirgler sowieso. Die Kleinwalsertaler halten einen Kurz-Besuch schon aus, egal, wie nahe ihnen der Kanzler kommt.

 

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