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Tanzen vor Publikum statt „intensiv“ verhandeln!

KOMMENTAR

Von Reinhard Kriechbaum

13/05/20 Beethoven hat's als Jahresregent heuer verteufelt schlecht getroffen. Mit der Zehn-Quadratmeter-Regel und dem Zehn-Personen-Limit ist eben keine Aufführung seiner Symphonien denkbar. Und das gilt für alle Kultur-Bereiche.

Das wirklich Problematische jetzt: In der großen Menge der Künstlerinnen und Künstler, der professionellen und ehrenamtlichen Kulturveranstalter beginnt sich die Überzeugung festzusetzen, unter den politischen Entscheidungsträgern absolut keine Fürsprecher zu haben. Jeden Tag hören wir aus Politikermund, dass rundum und auf allen Ebenen „intensiv“ verhandelt werde. Von sachkundigen Kultur-Beratern, die von der Politik auch tatsächlich angehört und ernst genommen würden, findet sich aber keine Spur.

Nicht ohne Grund entsteht also der Eindruck, dass das, was uns jetzt als Lockerung verkauft wird, im Wesentlichen nicht aus Sachgründen heraus geschieht. Es ist das Ergebnis von rein wirtschaftlicher Überlegungen und gründet im wirkkräftigem Lobbyismus bestimmter Interessensgruppen. Und es ist leider so: Gastwirte, selbst Friseure haben mehr Einfluss auf die Politik als Theaterdirektoren.

Die Wirtschaft weiß, dass ihr das „Koste es, was es wolle“ zwar kurzfristig zur Überbrückung weiter hilft, dass aber das Aufsperren letztlich der einzige Weg der (Selbst)Hilfe ist. Von den Milliarden, die (theoretisch) in großen Fässern bereit stehen, haben auch in der Wirtschaft viele Betroffene bestenfalls Brosamen abbekommen. Und ebenso viele Menschen haben davon noch keinen blanken Euro gesehen.

Auch für die Kultur wird versprochen auf Teufel-komm-raus. Durchaus ansehnliche Millionen-Summen finden sich in Regierungserklärungen und Presseaussendungen. Für das Gros der Kulturschaffenden ist's das alles aber nur geduldiges Papier. Wer als Freischaffender ein unregelmäßiges Einkommen hat und womöglich sowieso an der Prekariatsgrenze lebt, hat wenig Chance, Verdienstentgänge konkret zu beziffern.

Auch da hilft letztlich nur: Aufsperren. Schauspielen, Tanzen, Musizieren. Und das vor Publikum! Die Wirtschaftstreibenden haben's geschafft, die Kultur ist nach wie vor abgedreht.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat heute Donnerstag (13.5.) im ORF-Morgenjournal in Aussicht gestellt, dass ab Ende Mai wieder Aufführungen in „kleinen und mittleren“ Theatern möglich sein sollen. Und für übermorgen Freitag (15.5.) ist ein – hoffentlich verbindlicher – Fahrplan zum Wiederhochfahren der Kultur angekündigt. Mal schauen, was für ein Bild Kulturminister Werner Kogler und Staatssekretärin Ulrike Lunacek da von sich und ihrer Arbeit vermitteln werden. Verheerender als bei ihrer ersten und – in acht Corona-Sperrwochen einzigen! – Pressekonferenz zu Kultur-Fragen kann es nicht ausgehen.

Ein prägendes Bild werden sie so oder so nicht beiseite schieben können: Was immer jetzt in Sachen Kultur geschieht, wird nur deshalb in Angriff genommen, weil die Kulturschaffenden mehr und mehr Druck machen, weil der Dampfkessel zu bersten droht. Von sich aus hat es niemand in Bundesregierung – sei das Gewand türkis oder grün – besonders eilig, für jene etwas zu tun, die auch sonst als eher lästige Subventionsempfänger wahrgenommen werden. Ihre Leistung wird wohl als teurer, verzichtbarer Luxus eingestuft.

 

 

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