Regenpfeifer
STICH-WORT
02/01/13 Die Meldung scheint auf den ersten Blick gar nicht so gut in eine Kultur-Zeitung wie die unsrige zu passen: Der Mornellregenpfeifer (Charadrius morinellus), eine zumindest vom Aussterben bedrohte Vogelart, scheint in Salzburg zu brüten.
Jedenfalls wurden im Vorjahr an drei Orten im Bundesland Jungvögel gesichtet. In den Zentralalpen gilt dieser Zugvogel – jahreszeitbedingt befindet er sich derzeit auf Winter-Frische in Nordafrika – als extrem selten. Er steht auf der Liste der akut gefährdeten Vogelarten in Österreich.
Was gefällt uns am Mornellregenpfeifer? Wo sein Name herkommt, wissen wir leider nicht. Aber wenn er im Regen steht, also in der Bredouille sitzt, zeigt dieser sympathische Vogel menschen-, ja politikerähnliche Züge, die uns irgendwie bekannt vorkommen. Er scheint, das entnehmen wir jedenfalls „Wikipedia“, ein Ablenkungsspezialist zu sein: „Als geringste Verleite-Antwort wird das Wegsehen gedeutet“, heißt es da. „Dabei wendet sich der Vogel vom erkannten Eindringling ab, zeigt dadurch das markante Scheitel-V, fixiert aber trotzdem den potentiellen Feind.“
Die nächste Stufe sei durch „auffälliges Weglaufen“ gekennzeichnet, begleitet von „klagenden Rufreihen“. Und wenn all das Jammern nicht hilft, schreitet der Mornellregenpfeifer zum Äußersten. Dann „präsentiert er sich mit konvulsischem Flügel-, Beine- und Schwanzzittern sterbend“. Wer sich dann nicht seiner erbarmt und von seinem Territorium nicht ablässt, dem ist nicht zu helfen. Übrigens: „Dieses Verleiten zeigen beide Geschlechter, bei den Männchen ist es expressiver.“
Vielleicht eine sinnvolle Politiker-Strategie in diesen Vorwahlmonaten? Menschenähnlichkeit habe, wieder beziehen wir unsere außerordentliche Informiertheit aus „Wikipedia“, dem komischen Vogel schon der schwedische Naturfotograf und -schriftsteller Bengt Berg bescheinigt. Der schrieb 1925 das Buch „Mein Freund, der Regenpfeifer“. Láhol heißt der gefiederte Freund in der Sprache der Samen, und der Autor vermenschlichte seine Vogel-Beobachtungen in einem Dorf seiner Heimat, „um die Identifikation des Lesers mit dem Tier zu fördern“. „Das Buch trug im deutschsprachigen Raum erheblich zur Popularisierung eines romantisch geprägten Naturkunde- und Naturschutz-Gedankens bei“, weiß Wikipedia. (LK/dpk-krie)