Echt animiert
STICH-WORT
24/02/22 Das Einhorn ist erst mit einem Goldenen Delphin ausgezeichnet worden und hat jetzt auch noch eine Silberne Venus als Trophäe einheimst – eine solche Mythen-Ansammlung passt recht gut zum Schloss Hellbrunn. Dann aber eine eine ganz gewöhnliche Fliege am Beginn...
Von Reinhard Kriechbaum
Dieser kleine Plagegeist setzt sich rotzfrech auf des Erzbischofs Markus Sittikus Nase. Und ein paar Sekunden später plagt sich der Salzburger Kirchenfürst in vollem Ornat mit einer beladenen Scheibtruhe im Steintheater von Hellbrunn ab. Beide Episoden sind historisch nicht verbürgt, aber deshalb heißt der Animationsfilm ja auch Hellbrunn - History Refreshingly New. Die Schlossverwaltung Hellbrunn hat den witzigen Werbefilm in Auftrag gegeben.
Da dürfen wir in nicht ganz vier Minuten den Spuren eines Einhorns folgen – die drei geflochtenen Zöpfe ließen jede Barbie erblassen – und beim Bau des Lustschlosses und der Anlagen drumherum zusehen. Wie blitzschnell zusammengeklebte Papier-Ausschneidebögen wachsen die Gebäude und die Parkanlagen aus dem Plan heraus. Das Wasserparterre wird als blauer Teppich ausgerollt.
Alle paar Sekunden eine kleine ironische Brechung, es fehlt nicht mal eine Tafel „Achtung Rutschgefahr“ im Römischen Theater. In den Wasserspielen wird schnell mal ein Dach geöffnet, damit man die Krone auf dem Wasserstrahl bewundern kann. Vor dem Shop am Schlosshof wird der Erzbischof als Pappkamerad aufgepflanzt, ganz wie im richtigen Leben.
Mit diesem charmanten Animationsfilm trifft man ganz offensichtlich auch den Geschmack von Jurorinnen und Juroren bei einschlägigen Werbefilm-Wettbewerben. Der Kurzfilm wurde bereits im letzten Jahr mit dem Goldenen Delphin in Cannes in der Kategorie „Best Animation, Graphics and Special Effects“ und mit Gold in der Kategorie „Besucherfilm“ ausgezeichnet. Jetzt noch eine Ehre: Der Creative Club Austria vergibt jedes Jahr die Venus-Trophäen. Dafür gab es heuer immerhin 1.192 Einreichungen. Über eine silberne Venus können sich die Auftraggeber und die Produzenten freuen. Es ist die Grazer Firma signstudios.
Gezeichnet und animiert habenSimon Wendler und Stefan Pausch nach einem Script von Patrick Guendera und unter der wissenschaftlichen Begleitung von Sibylle Kampl. Die Musik stammt von Pablo Anson. Mit einer Paraphrase auf Reich mir die Hand, mein Leben geht’s los, und das ist schon recht stimmig für ein Sommerlustschloss. Vielleicht bratet ja der eine oder andere Geistliche Landesfürst in der Hölle ob zu exzessiv ausgelebter Lustbarkeiten, aber darüber steht uns kein Urteil zu.
Aber a propos Lustbarkeiten und urteil. Natürlich sind wir sensibilisiert und misstrauisch. Jüngst ist ja eine Wasserspiel-Werbung ziemlich in die Hose – in die Damenhose! – gegangen. Ausgerechnet dorthin nämlich führte ein Wasserstrahl auf einem der Plakatmotive für die Wasserspiele. Das ist bei sexismus-sensiblen Betrachterinnen und Betrachtern ganz schlecht angekommen. Drum also haben wir genau gespechtelt, ob das Fabelwesen im Film mit seinem einen Horn wohl nichts Ungehöriges anstellt. Wir können beruhigen: tut's nicht.