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Die Elektronik bleibt ausgeschaltet

STICH-WORT

23/05/22 Manchmal sind Dinge so gut, dass man gar nicht an ihr natürliches Zustandekommen in einem eigentlich wenig Zutrauen erweckenden Umfeld glauben möchte. So ging es dem DrehPunktKultur-Rezensenten am Freitag (20.5.) bei der Premiere von Carmen.

Reinhard Kriechbaum hat sich besonders angetan gezeigt von dem lockeren Parlando im Orchester. Und was ihn endgültig an die Meisterschaft der Tontechniker im Landestheater-Zirkuszelt hat glauben lassen: Von der achten Reihe aus – in etwa gerade gegenüber dem Orchester – gab es in der Lautstärke kaum einen nennenswerten Unterschied, egal, in welche Richtung im Arena-Rund die Protagonisten sangen. Und der Chor kam auch höchst plastisch rüber.

Zu dieser Rezension und zur Premieren-Reportage erreichte uns ein Brief des Landestheater-Intendanten Carl Philip von Maldeghem:

Es hat uns gefreut, dass Sie von der Produktion "Carmen" und speziell der Leistung von Thomas Oeser angetan waren. Er ist ein ausgewiesener Fachmann in Sachen Ton und bei uns als Abteilungsleiter für Ton und Video im Haus hoch geschätzt.
An der Akustik der Oper „Carmen“ im Zelt hat er allerdings keinen Anteil. Das Mozarteumorchester, das mit einer 8er Besetzung bei den Streichern am Start ist, wird gar nicht verstärkt. Auch die Stimmen der Solisten und des Chores werden in keiner Weise verstärkt. Für uns alle überraschend hat sich die natürliche Akustik des Rundbaus Zelt über der Manege als gut für die Kunstform Oper erwiesen.
Umso mehr wissen wir zu schätzen, dass Sie die akustischen Qualitäten der Produktion zu schätzen wissen. Wir wären allerdings froh, wenn Sie gegenüber ihren Leser*innen gerade rücken können, dass wir in diesem Fall Oper ohne technische Hilfsmittel spielen.
Es hat mich auch gefreut, dass Sie die dem Gewitter geschuldete Unterbrechung mit so viel Verständnis beschrieben haben. Die Artistin, die in der Pause mit der Peitsche hantiert hat, kann diese übrigens sehr eindrucksvoll knallen lassen. Auf diesen Effekt haben wir allerdings auf Bitten des Mozarteumorchesters verzichtet.
Carl Philip von Maldeghem

Der DrehPunktKultur-Herausgeber lag also voll daneben, was die Elektronik anlangte. Sie blieb an diesem Abend unbenutzt. Sorry. Umso mehr mehr Lob also ist angebracht für diese musikalisch so gediegene, kapellmeisterlich ausgefeilte Produktion.

Vielleicht hätten wir's ja auch so machen sollen wie der Kollege vom Print-Großformat, der anstatt der Premiere die Generalprobe besuchte und die Gelegenheit zum Sitz-Hopping nutzte. Ein solcher Akustik-Check in Echtzeit geht in der Premiere natürlich nicht.

Bilder: Salzburger Landestheater / Tobias Witzgall
Zur Opernbesprechung Die Zigeunerin und ihre Zirkusleut'
Zur Premieren-Reportage Beim dritten Anlauf mausetot

   

 

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