„Stille Nacht“ von Michaeli bis Maria Lichtmess
STICH-WORT
01/12/17 Landeshauptmann Wilfried Haslauer weiß zu erzählen, dass man in Polen das „Stille Nacht“ allen Ernstes für ein altes polnisches Weihnachtslied halte. Leo Bauernberger, der als oberster Tourismus-Werber noch viel weiter herum kommt auf der Welt, ist noch Ärgeres untergekommen.
Von Reinhard Kriechbaum
Mag ja noch angehen, dass australische Aborigines in ihrer Sprache auch „Stille Nacht“ singen. Leo Bauernberger hat es eigenohrig mitbekommen. Aber dass das Lied in Grönland bei Begräbnissen gesungen wird, ist schon stark. Da kommt gottseidank das Jubiläumsjahr 2018 daher, das Lied ist zweihundert jahre alt (die Musik, nicht der Text). Und damit die Möglichkeit – wieder zitieren wir Leo Bauernberger – "im Jubiläumsjahr dem Lied eine Heimat zu geben“.
Als Touristiker sinniert Bauernberger über den Markenwert eines Liedes, das 2,6 Milliarden Menschen wenn schon nicht richtig singen, dann wenigstens im Ohr haben. Da spielt man schon in der Oberliga der immateriell-monetären Imagewerte.
Heute Freitag (1.12.) fand die Initial-Pressekonferenz zum Stille-Nacht-Jubeljahr statt. Startschuss darf man ja nicht sagen bei einer solch leisen, besinnlichen Angelegenheit. Landeshauptmann Haslauer hat auch aller potentiellen Merkantilisierung eine Absage erteilt wie nur. „Stille Nacht“ sei „ein Aktivthema in einem Schlüsseljahr“, hundert Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs und nach der ersten österreichischen Republiksgündung. Es sei „eine zutiefst politische Aufgabe, sich der Diskussion um den Frieden zu stellen“.
Auch dafür also kommt das Friedenslied gerade recht. „Leuchtturmprojekte“ sind angesagt, was sonst. 1,7 Millionen Euro macht das Land in Summe locker. Und weil ein Leuchtturm eine alles um ihn herum erleuchtende GesmbH braucht, ist eine solche auch schon gegründet. Paul Estrela, der auch schon in der 20.16-GesmbH eine führende Rolle gespielt hat, ist ihr Boss. Er berichtet von einer Ausschreibung zum Thema „Friedensbotschaft“, für Projektförderungen stehen 300.000 Euro zur Verfügung. Da seien Denkansätze zu „Bildung, Mitmenschlichkeit/Ehrenamt, Schöpfung, Kreativität, Respekt/Interkulturalität, Dialog durch Perspektive und Spiritualität“ gefragt.
Die Freie Szene wird mit einem Wettbewerb unter dem Stichwort „A Silent NightMare“ motiviert. Dass sie ihre Albträume leise formulieren möge, wünschen sich ja auch sonst viele gemütvolleren Geister. Aber vielleicht haben wir, denen das Stille-Nacht-Jubiläum im nächsten Jahr schon Albträume macht, das Motto doch zu rigoros ausgelegt. Gegen drohende Albträume sei zur Beruhigung drauf hingewiesen: Ein Honiglecken sind Advent und Weihnachten in Salzburg ja auch in gewöhnlichen Jahren nicht. Man ist abgehärtet.
Schon kommuniziert wurde, dass das Landestheater am 24. November 2018 in der Felsenreitschule ein Bühnenstück „Meine Stille Nacht“ herausbringen wird. Kapazunder aus Hollywood (John Debney als Komponist, Hannah Friedman als Scriptwriterin) sind unter Vertrag. Landestheater-Intendant Carl Philip von Maldeghem hat die (englische) Version printfrisch in Händen, jetzt geht’s ans Übersetzen. Man wird das „Musical Play“ wahlweise auf Deutsch oder Englisch aufführen können.
An einem „touristischen Angebot mit Stil und Tiefe“ bastelt man ja schon länger, das Thema soll „für unsere Gäste emotional erlebbar“ werden, „und zwar weit über das Jubiläumsjahr hinaus“, wie Leo Bauernberger versichert. All das wird ja hoffentlich doch nachhaltiger als die GesmbH selbst sein, die nach dem Jubeljahr wieder aufgelöst werden wird.
Und jetzt hätten wir beinahe auf die Landesausstellung vergessen: Sie wird an neun Orten stattfinden, im Salzburg Museum, in Arnsdorf, Oberndorf, Hallein, Wagrain, Mariapfarr, Hintersee. Und weil man in Salzburg zu so einem Anlass natürlich weit über den Tellerrand blickt, auch in Hochburg-Ach (OÖ) und Fügen (im Tiroler Zillertal).
Dauern wird die Landesausstellung „von Michaeli bis kurz nach Maria Lichtmess“, meldet die Landeskorrespondenz. Für Menschen, die den Katholizismus nicht so in den Genen haben wie unsereins: Sie dauert also von 29. September 2018 bis 3. Februar 2019. Man hätte also auch schreiben können: „Bis St. Blasius“. Dieser Heilige ist zuständig für Halskrankheiten. Wer bis Anfang Februar 2019 allzu oft und zu laut „Stille Nacht“ gekräht haben wird, kann sich gezielt Hilfe holen. Der Blasius-Segen wird über überkreuzte Kerzen gespendet. Das passt schon auch echt gut zu „Stille Nacht“.