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Lückenbüßer, Schwestern und die Herzenslust

STICH-WORT

06/03/17 Zwei neue Bibelausgaben gibt es – eine aktualisierte Einheitsübersetzung (der katholischen Kirche) und die evangelische Lutherbibel 2017. Das Eigene muss sein, „Einheitsübersetzung“ hin oder her – und das ist wohl gut so.

Beide Bibelausgaben sind kürzlich im Bildungshaus St. Virgil vorgestellt worden. „Wir haben zehn Jahre daran gearbeitet“, sagte der emeritierte Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser, Vertreter der österreichischen Bischöfe in der Kommission für die neue Einheitsübersetzung. Sein großes Interesse an einer Revision habe ihn zu einer Mitarbeit bewogen. „Außerdem hatte sich in Österreich kein anderer Bischof gefunden, der Exeget gewesen wäre“, stellte Kothgasser schmunzelnd fest. „Schon als junger Studierender bin ich von der Bibel fasziniert gewesen“, betonte Kothgasser. „Sie ist für mich das Grundbuch, das ich versucht habe zu verkünden und zu leben“.

Mit der Revision der 1979 erschienenen Einheitsübersetzung habe man keine Neuübersetzung des Bibeltextes, sondern eine zeitgemäße Überarbeitung angestrebt. „Man muss neue Erkenntnisse berücksichtigen und schließlich ist etwas nie so gut, dass es nicht auch verbessert werden könnte“, betonte Kothgasser. Aus diesem Grund sind in der aktuellen Ausgabe neben den „Brüdern“ (ein im griechischen kollektiv gemeintes Wort) auch die „Schwestern“ mit genannt. Aus „Jahwe“, der bisher in der Bibel rund 150 Mal vorkam, ist jetzt generell der HERR geworden. Genderbewusste Göttinnen können also weiterhin schmollen. Aber ein gar nicht so geringer Trost für sie: Es gibt jetzt eine Apostelin Junia, die man bisher in einen Junias geschlechtsverwandelt hatte. Elisabeth und Maria „empfangen“ nicht mehr, sondern werden ganz banal schwanger. Danach folgt keine Niederkunft, sondern ein schlichtes Gebären. Dafür denkt Maria nach der Verkündigung des Engels nicht nach, sondern bewegt die Worte wieder im herzen. Das ist sympathisch altmodisch.

Marlies Gielen, Mitarbeiterin an der Revision und Professorin für Neues Testament an der Universität Salzburg, erklärt die Richtlinien der neuen Übersetzung: Zum einen „sollte der Grundklang des Textes, der ja von den 1970er Jahren geprägt war, beibehalten und gleichzeitig eine größere Nähe zur Originalsprache der biblischen Schriften herstellt werden.“ Das habe erst verdächtig nach dem Versuch einer Quadratur des Kreises geklungen, so Gielen. Den rund fünfzig Fachleuten sei es gelungen, diese Herausforderung zu meistern, zeigt sich die Theologin überzeugt: Die Einheitsübersetzung „besitzt das Potential für die nächsten Jahrzehnte, den Menschen das Wort der Heiligen Schrift in den verschiedenen kirchlichen Handlungsfeldern, aber auch bei der privaten Bibellektüre verständlich und verlässlich nahezubringen“.

Anlässlich des 500-Jahre-Jubiläums der Reformation ist auch die Lutherbibel einer Revision unterzogen worden. Seit 2010 „hatten siebzig Experten 36.000 Verse und 800.000 Wörter unter die Lupe genommen“, erzählte Jutta Henner, evangelische Theologin und Direktorin der Österreichischen Bibelgesellschaft. „Die Lutherbibel war für die deutsche Sprache prägend“, unterstrich Henner. Viele Worte habe Luther erst geschaffen: das Himmelreich und den Feuereifer, die Kleingläubigen und die Menschenfischer, den Lückenbüßer und die Herzenslust. Luther mehr zu Wort kommen zu lassen und auf viele sprachliche Glättungen der vergangenen Ausgaben zu verzichten, darauf hätten die Mitarbeiter der Revision großen Wert gelegt.

Die ökumenische Verbundenheit sei in den katholischen und evangelischen Revisionsprozessen deutlich spürbar gewesen, betont Jutta Henner. „Wissenschaftler beider Kirchen hatten sich in ihrer Arbeit gegenseitig ausgetauscht und bereichert.“ (EDS/dpk-krie)

 

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