Festival
STICH-WORT
Von Reinhard Kriechbaum
30/04/10 Längst ist es nicht mehr so, dass mit Mozartwoche, Osterfestspielen, Pfingstfestspielen und eben den sechs Wochen im Sommer das Kapitel „Festspiele“ im Wortsinn erschöpfend abgehandelt wäre. Der Mai hat sich zum Festival-Intensivmonat entwickelt.
Das Literaturhaus hat es mit seinem eben stattfindenden „Finnland“-Literaturschwerpunkt gerade noch im April geschafft Und auch Die „1. Salzburger Kaiser Bier Festspielen der Blasmusik“ beginnen noch in diesem Monat, nämlich heute (30.4.). Immerhin geht es dort nicht nur um die volkskulturelle Freiraum-Beschallung, sondern es hat beispielsweise auch das famose „German Brass“ einen Auftritt.
Am 2. Mai verstummt die Blasmusik, dafür hauen bald die Schlagzeuger mächtig drein. Zwischen 5. und 8. Mai ruft man in Hallein nämlich zu einem Schlagzeug-Fesival. Regional rückgebunden, aber eben auch mit einem internationalen Blick auf die Szene (von Bogdan Bacanu über Francesca Santangelo bis Peter Sadlo).
Am 6. Mai wirft die Internationale Stiftung Mozarteum in den „Dialogen“ (6. bis 9. Mai) die ganz große Windmaschine an: den Blasbalg in der neuen Konzertorgel. Da braust also der frisch entfachte Orgelwind durch den Großen Saal des Mozarteums und wir werden erfahren, was man mit dem Instrument außerhalb der Kirche alles anstellen kann. Das Programm ist höchst attraktiv.
Dann freilich bricht der Horror vacui aus und es heißt durchtauchen Am langen Wochenende um Christi Himmelfahrt ist – derzeitigem Wissenstand nach – weit und breit kein Festival in Sicht. Eigentlich hatte für diese Tage die „Camerata Salzburg“ ihre „Begegnung“ zum Thema „Stille“ angesagt, aber die nimmt man jetzt wörtlich: Für dieses Festival hat man sich heuer und auch 2011 eine – durchaus notwendige – Nachdenk- und Schweigepause verordnet. Doch 2012, zum 60. Geburtstag des Orchesters und zum 100. Geburtstag von Sándor Végh, sei wieder eine „Begegnung“ geplant, heißt es, und ab da soll sie biennal stattfinden.
Doch zurück in diesen schönen Festival-Monat Mai, zu den Pfingstfestspielen (21. bis 24. Mai). Riccardo Muti stellt zwei Mal „la betulia liberata“ vor, einmal Mozarts „Azione teatrale“ szenisch und einmal das Oratorium über denselben Stoff von Niccolò Jommelli. Dazu Originaltönerei wie die konzertante Aufführung von Johann Adolph Hasses Intermezzo tragico „Piramo e Tisbe“ mit Fabio Biondi und Europa Galante und ein neapolitanischer Stummfilm von Eugenio Perego aus dem Jahr 1927, der mit Live-Filmmusik von und mit Olga Neuwirth, Burkhard Stangl und Angélica Castelló untermalt wird.
Und dann geht's festivalmäßig Schlag auf Schlag, genauer gesagt: Schlag über Schlag, denn es schoppt sich geradezu furchterregend.
Die „Aspekte Salzburg“ (26.-29.Mai) haben Sofia Gubaidulina als composer in residence eingeladen, außerdem sind für die sieben Konzerte 17 Uraufführungen angekündigt. Wer sich nicht nur mit Noten beschäftigt, sondern auch mit Buchstaben etwas anfangen kann, wird sicherlich bedauern, dass sich die „Aspekte“ mit dem „Literaturfest Salzburg“ überschneiden: (26.-30. Mai). Anseln Glück bis Harry Rowohlt, Kathrin Röggla bis Alissa Walser, Erika Pluhar bis André Heller. Da wird man also ziemlich außer Atem kommen, wenn man sowohl von der Neuen Musik als auch vom hochkarätigen Geschriebenen etwas wird mitbekommen wollen.
Aber es ist ja nicht nur das. Am 28. Mai beginnen die heuer besonders interessant programmierten Paul Hofhaimer-Tage in Radstadt. Da treffen heuer am Eröffnungsabend heimische Musiker (unter der Leitung von Wolfgang Danzmair) auf die gediegenen Musik-Verschneider „Franui“, man bekommt Rossinis „Stabat Mater“ zu hören - und dann bis 5. Juni Lust-Anregendes und auch Ausgefallenes, jedenfalls attraktiv Vielgestaltiges vom Barock bis zur Weltmusik.
Und weil das noch nicht genug ist: Da taucht auch noch das Dritte Salzburger Akkorde-On-Stage-Festival auf (28.-30. Mai), in der Bachschmiede. Auch das ist eine Initiative, die heimische Musiker (aus dem Musikum-Umkreis) mit reisenden Virtuosen konfrontiert. Und ein Soloauftritt von Otto Lechner wird wohl auch seine Liebhaber finden.
Und so kommen wir an drei Mai-Wochenenden auf sage und schreibe acht Festivals, und es ist gar nicht ausgeschlossen, dass wir vor lauter Festival-Wald den einen oder anderen Baum noch gar nicht entdeckt haben.