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Männerfreundschaft und Gammellust

SCHAUSPIELHAUS / DER BEOBACHTER

19/05/14 Die Empirie will alles erforschen und macht nicht einmal vor einem norwegischen Eigenbrötler Halt. Aber der ist so eigensinnig, dass ihn die Wissenschaft nicht zu fassen kriegt und kapitulieren muss. Davon handelte der norwegische Film „Kitchen Stories“ von 2002. Inzwischen wurde daraus wie aus so vielen Filmen ein Theaterstück. Es heißt im Deutschen „Der Beobachter“. Das Salzburger Schauspielhaus zeigt es.

Von Werner Thuswaldner

471Das Publikum wird über zwei Stunden gut unterhalten. Einzelne kamen bei der Premiere am Samstag (17.5.) aus dem Lachen gar nicht heraus. Der norwegische Drehbuchautor Bent Hamer kennt seine Landsleute offenbar bestens und er porträtiert sie mit Sympathie für sie.

Die Beteiligten sind aber gar nicht alle Norweger, auch Schweden kommen vor, mit denen sich die Nachbarn, wie man schnell merkt, in liebevoller Abneigung verbunden fühlen. Die Seitenhiebe auf die Schweden sind ein durchgängiges, wirksames Motiv.

Ein schwedisches Forschungsinstitut ist es, das genau wissen will, welche Wege eine Hausfrau in der Küche am Tag zurücklegt. Das Resultat soll dazu dienen die Planung von Küchen zu optimieren. Was herausgefunden wird, kommt höchstwahrscheinlich einem berühmten schwedischen Möbelhaus zugute.

Die Hausfrauen sind inzwischen erforscht, nun will die Recherche von Schweden auf Norwegen ausgreifen und sich die einzeln lebenden Männer – auch jene in den einsamsten Gegenden auf dem Land - vornehmen. Dazu wird in der Küche des Forschungsobjekts ein Hochsitz installiert, von dem aus ein „Beobachter“ den ganzen Tag über registriert, was der Mann macht. Klar dass der Beobachter jeden Kontakt mit seinem Forschungsgegenstand vermeiden muss, weil ja sonst das Ergebnis durch Verfälschung wertlos würde.

469Es liegt auf der Hand, dass mit diesem Ansatz Anlass für jede Menge Komik geboten wird. Erwartungsgemäß ist der einzeln lebende Mann ein Sonderling, der vor allem damit beschäftigt ist, genügend Getränke und Lebensmittel zu organisieren. Zum gelegentlichen Reden hat er einen Nachbarn. Die beiden sind schlichte Charaktere, aber mit dem schwedischen Eindringling auf dem Hochsitz werden sie allemal fertig. Der wird auf harte Proben gestellt und außerdem von einem erbarmungslosen Chef kontrolliert. Wie zu erwarten, hält er die strikte Distanz zum Objekt seiner Aufzeichnungen nicht durch. Es kommt zur Annäherung, Freundschaft, Verbrüderung und Kumpanei. Der Nachbar ist eifersüchtig, aber letztlich wird es doch ein Dreierbündnis. Der Preis dafür: Das Forschungsprojekt geht in die Binsen. Der Chef reagiert hysterisch.

Regisseur Christoph Batscheider lässt mit einer hohen Dosis an Komik beginnen. Martin Brunnemann erweist sich als begabter Clown und zeigt später, dass er den Charakter des armen schwedischen Beobachters mit viel Einsatz ganz schön auffächern kann. Das Versprechen des witzigen Auftakts wird in der Folge zwar nicht ganz eingelöst, aber halbwegs vergnüglich bleibt es.

470Für Marcus Marotte als Einsiedler muss man das Klischee bemühen, wonach ihm die Rolle auf den Leib geschrieben ist. Er ist stur, verschmitzt verschlagen, aber kein bisschen böse. Wenn er am Küchentisch sitzt, mit der Kaffeetasse in der Hand, sein Nachbar neben ihm, dann ist die Welt in Ordnung. Jederzeit kann er zum Ofen hin schlurfen, auf dem eine Kaffeekanne steht, deren scheinbar unerschöpflicher Vorrat den ganzen Theaterabend lang für ihn, den Nachbarn und den Beobachter reicht. Freilich sollte auch immer genügend „Gammellust“ da sein, ein Käse aus Sauermilch, sowie Tabak und Hochprozentiges. Draußen fallen natürlich Schneeflocken vom Himmel, meist ist es finster und kalt, wie das im hohen Norden so üblich ist.

Der Nachbar, Theo Helm, ist nicht weniger schrullig. Er betreut den Abrisskalender, ist besorgt um die Gesundheit seines Freundes und wehrt sich heftig gegen den Eindringling aus Schweden.

Aus dem Chef macht Regisseur Batscheider eine betriebsame Chefin, die durch ihr Auftauchen so mache Situation erheblich verschärft. Ute Hamm, diesmal mit dichtem schwarzem Haar – der Perückenfunduns des Theaters ist ebenso unerschöpflich wie der Inhalt der Kaffeekanne – übt unerbittlich Strenge und Autorität aus.

Ein gehöriger Schuss Sentimentalität ist im Spiel, doch unglücklich geht das Publikum, wenn auch der Schluss reichlich umständlich ist und mit einer überdimensionalen Pointe aufwartet, nicht aus dem Haus.

Bilder: SSH/Marco Riebler

 

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