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Weltall und Berlin Umgebung

SCHAUSPIELHAUS / TSCHICK

06/05/14 Wieder draußen in der Sonne, heute Vormittag - Dienstag (6.5.) nach der hinreißenden Premiere im Schauspielhaus – wünschte man sich auch einen alten klapprigen Lada und eine Spritzfahrt in die Walachei oder auch nur in ein imaginäres Land der Träume. Die Gefahr, dass sich auf der Autobahn ein umstürzender LKW in den Weg zu den Sternen legt, ist freilich groß.

Von Heidemarie Klabacher

„Schluss“ steht da. „Wolfgang Herrndorf hat sich am Montag, den 26. August 2013 gegen 23.15 Uhr am Ufer des Hohenzollernkanals erschossen.“ Man weiß es eh. Schmerzt aber nicht weniger als der Eintrag „Hier ist der Dichter gestorben“ unter der letzten Fassung von Adalbert Stifters „Mappe“.

Und hat das mit der hinreißenden Aufführung von „Tschick“ im Schauspielhaus zu tun hat? Nichts. Außer vielleicht den Hauch Wehmut, der das Stück nach dem gleichnamigen Roman von Wolfgang Herrndorf durchzieht. Einem Roman über zwei jugendliche Ausreißer – Maik und Tschick eben - wohlstandsverwahrlost der eine, russischstämmiger Immigrant der zweiten Generation der andere.

Das Buch war/ist ja ein Phänomen, hat 2010 ein Jahr auf den Bestsellerlisten gestanden, der Autor jedes Gespräch und die sonstigen Rituale der Literaturszene verweigert. Dann hat er doch einmal ein Interview gegeben (der FAZ) und meinte über den durchschlagenden Erfolg: „Ich kann mir auch nicht erklären, woran das liegt. Buchhandel, Werbung, Rezensionen – keine Ahnung. Mein Lektor warf neulich die Theorie ein, ‚Es könnte auch am Buch liegen’.“

Leicht möglich. „Tschick“ übt sogar in seiner „dramatisierten Fassung“ eine ungeheure Sogwirkung aus.

Jakob Elsenwenger ist der ein wenig schüchterne ein wenig einzelgängerische Maik, Sebastian Martin Rehm der schweigsame allseits ein wenig gefürchtete Tschick. Beide muss man einfach gern haben (beide würden sich schön bedanken). Beide bringen die Zankereien, die philosophischen Betrachtungen angesichts des Sternenhimmels über Ostdeutschland und das Universum (Insektenplaneten dort oben) mit Lockerheit und Natürlichkeit über die Bühne.

Anna Katharina Frommann spielt das Mädchen Isa, das Maik und Tschick auf der Müllhalde kennen. Müllhalde als Station eines „Roadmovies“? Nun ja: „Wir können nicht jedes Mal ein neues Auto stehlen, wenn das Benzin ausgeht.“ So will man Benzin abzapfen, braucht dazu aber einen Schlauch. Alles klar? Dass die Burschen sich dämlich anstellen und von Isa über die Funktionsweise kommunizierender Gefäße aufgeklärt werden, ist eine der vielen mit leichter Hand eingestreuten ebenso ironischen wie urkomischen Passagen.

Alle anderen Figuren – Vater, Mutter, die Frau mit den vielen Kindern und dem Paradiesgarten oder Schütze Fricke, den man in einem verlassenen Dorf kennen lernt, geben Susanne Wende und Antony Connor.

Die Bühne von Tobias Kreft deutet ein Schilf bestandenes Seeufer an, zwei Liegestühle dienen als ebensolche genauso, wie als Fahrer- und Beifahrersitz des Lada. Das Tempo ist für eine Ausreißergeschichte erstaunlich gemäßigt. Die Story, die in der Rückblende von Maik erzählt wird, lässt in der Regie von Petra Schönwald nicht einen Augenblick in Intensität oder Spannung nach.

Ein Stück für Jugendliche ab 13, heißt es. Das Premierenpublikum am Dienstag (6.5.) wirkte ein klein wenig älter. Die jungen Leute waren jedenfalls vom ersten bis zum letzten Moment gebannt und konzentriert dabei. Verzaubert offensichtlich auch sie. Kann es ein schöneres Kompliment für die Aufführung geben?

Bilder: SSS/Thomas Kreft
Tschick – Aufführungen im Schauspielhaus bis 13. Juni - www.schauspielhaus-salzburg.at

 

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