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Kasperl gegen Königin 1:0

MARIONETTENTHEATER / SCHNEEWITTCHEN

05/03/13 Der eine Zwerg sieht nicht mehr so gut, einen anderen plagt das Zipperlein. Aber die Marionetten haben nichts von ihrer Frische und ihrem Charme eingebüßt: „Schneewittchen und die sieben Zwerge“, eine Produktion aus dem Jahr 1957 mit historischen Puppen, wurde anlässlich des Jubiläums „Hundert Jahre Marionettentheater“ wieder aufgenommen.

Von Heidemarie Klabacher

Der Kasperl, ein direkter Vorfahre Papagenos, hat in den Märchenproduktionen des Marionettentheaters schon immer eine zentrale Rolle gespielt: als Beschützer und guter Geist von Prinzen und Prinzessinnen, als treuer Gefährte, der wohl auch einmal mitweint, wenn die Situation aussichtslos erscheint, dann aber mit Mut und Witz und frechen Kommentaren auch gegen scheinbar übermächtige Feinde ins Feld zieht.

In „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ ist der Kasperl zunächst der heimliche Beschützer Schneewittchens, der einen ersten Mordanschlag der eifersüchtigen Königin vereitelt, dann begleitet er die Prinzessin auf ihrer Flucht über die sieben Berge und zuletzt hilft er dem Prinzen, die Verlorene wieder zu finden…

Die Aufführung im Marionettentheater bannte mit ihrem Charme nicht nur die Kinder. Auch die erwachsenen Besucher starrten gespannt auf den trüben Spiegel, der sich wie von Zauberhand klärt und jene bedrohliche Fratze zeigt, die der bösen Königin Rede und Antwort steht. Groß und Klein freute sich über die ebenso wackeren wie klugen Zwerge, die auch schon ein wenig mit den ersten Alterserscheinungen wie Kurzsichtigkeit und Kurzatmigkeit zu kämpfen haben.

An Alterserscheinungen, man stellte es nicht zum ersten Mal fest, leidet auch die Tonanlage im Marionettentheater. Musik und Sprechstimmen kommen vom Band. In diesem Falle noch dazu von einer ebenfalls historischen Aufnahme, die großen Reiz hat, und wesentlich zum Charme der Aufführung beiträgt. Welch wunderbares Timbre hat die Stimme Schneewittchens! Aber die Zwerge etwa, und gelegentlich auch der Kasperl, sind leider nicht immer wirklich zu verstehen. Schade um jedes Wort, das nicht ankommt.

Wer sich bis zuletzt nicht recht vorstellen konnte, was eine Kasperl-Figur im Märchen zu suchen hat, war am Ende der Vorstellung ein Fan dieser Figur: Viele Helden in der Literatur haben einen treuen Diener an ihrer Seite – und viele von denen begegnen den Sorgen und Nöten ihrer Herrinnen und Herrn nicht nur mit aufopfernder Treue, sondern auch mit jener ironischen Distanz, die das Leben gleich einmal viel leichter macht. Anton Aicher hat den „Salzburger Kasperl“ entwickelt, nach der Vorlage des „Münchner Kasperl“ aus dem Jahr 1858. Nach der überaus reizvollen „Kasperl-Begegnung“ anno 2013 im Märchen, möchte man nur zu gerne wissen, was der Kasperl dem Doktor Faustus nicht alles unter die Gelehrtennase gerieben hat.

Die Schneewittchen-Neuproduktion des Marionettentheaters in der Ausstattung von Günther Schneider-Siemssen (der zahlreiche Marionettenproduktionen ausgestattet und hier für seine Arbeiten auf der großen Bühne experimentiert hat) bestach keineswegs nur mit Retro-Charme. Vielmehr macht diese Aufführung die zeitlose Aktualität von Märchen ganz besonders deutlich.

Spielplan und Info- www.marionetten.at
Hundert Jahre Marionettentheater
Zum Bericht Wir engagieren die Sänger nicht, wir bauen sie
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Bild: www.marionetten.at

 

 

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