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Wolkenlose Abende unterm Wolkenturm

REST DER WELT / GRAFENEGG FESTIVAL / FINALE

17/09/13 Holländer, Engländer, Deutsche: „Very international“, hochkarätig und qualitätvoll endete das Grafenegg-Festival 2013 mit den Besuchen der großen Gastorchester. Wolkenlose Abende unterm Wolkenturm waren eine angenehme Randerscheinung.

Von Wolfgang Stern

130Dreimal wolkenloser Himmel über dem Wolkenturm, dreimal Orchester, die ihrem Ruf gerecht wurden. Auszublenden waren höchstens mal Überflieger, Gewehrsalven oder eine „Bumm-bumm-Musik“ aus dem Nachbardorf.

Gestartet wurde die Finalserie des Grafenegg Festival mit dem Königlichen Concertgebouworchester Amsterdam und Gustav Mahlers „Neunter“. Harfe und Horn und Holzbläser stimmten bedächtig ein. Disharmonien erzeugten Spannung über dem steten Wechsel von Freude und Trauer. Das Orchester ließ sich von dem eher sparsamen Dirigat Daniele Gattis durch die Partitur leiten. 83 Minuten vergehen rasch. Konzentriertes Spiel, keine Schlampereien und viel dynamisches Geschick sind den Holländern eigen.

Tags darauf folgte das Philharmonia Orchestra London. Noch einmal ein Werk von Brett Dean, dem „Composer in Residence“: Die Uraufführung von „Testament“ liegt schon ein wenig zurück. Brett Dean setzt sich hier mit der Musik Ludwig van Beethovens auseinander und baut Elemente des Klassikers ein. Dabei ist er wieder ein Suchender, was Klangeffekte betrifft. Nett, wenn die Streicher einmal mit Bogen ohne und dann wieder mit Kolophonium spielen. Interessant wird das Werk erst gegen Ende, wenn die Dean-Beethoven-Verarbeitung gelingt. Der Australier trug mit seiner Präsenz in Grafenegg in jedem Fall zur Horizonterweiterung bei.

131Von einem anderen Stern freilich: Sergej Prokofjews Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 g-Moll op. 63. Die Solistin Janine Jansen brillierte auf ihrer Stradivari, erhielt von Esa-Pekka Salonen volle Unterstützung. Virtuosität und Strahlkraft beinhaltete ihr Spiel noch in der Umsetzung schwierigster Läufe und Doppelgriffkombinationen.

Das Orchester konnte noch mit Beethovens „Eroica“ brillieren, vom ersten Takt an mit Spannung aufwarten. Wie aus einem Guss wurde die Symphonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 umgesetzt: ein traumhafter „Marcia funebre“, ein Scherzo vom Feinsten mit bombensicheren Blech und ein vierter Satz, in dem Salonen dick auftragen ließ. Im Freien vor dieser Kulisse vertragen Werk und Publikum auch einiges.

Die Münchner Philharmoniker kamen mit einer anderen Motivation nach Grafenegg, immerhin hatte Deutschland gegen Österreich im Fußball mit 3:0 verdient gewonnen. Doch das Programm war französisch. „Le tombeau de Couperin“ war die Einstiegsdroge des Abends, ehe die jugendlich agierenden Labèque-Schwestern (Jahrgang 1950 und 1952) ein Lehrbeispiel pianistischer Raffinesse im Poulenc-Konzert für zwei Klaviere und Orchester (aus dem Jahre 1952!) boten: Zwei Wirbelwinde! Dazu war Semyon Bychkov mit den Münchnern als Idealpartner für Tasten-Ping-Pong auf höchstem Niveau. César Francks Symphonie d-Moll gab den Musikern eine weitere Gelegenheit, sich unter freiem Himmel so richtig „auszutoben“. Die Spiellaune war gewaltig, das Ergebnis richtig überzeugend. Die Bychkov-Lektion war geglückt.

132Neben den großen bot das Grafenegg-Finale auch kleine Pretiosen: In einem Prélude-Konzert gab es Camille Saint-Saëns „Karneval der Tiere“ mit den Intendanten aus Raiding, Eduard und Johannes Kutrowatz, am Klavier und dem Franz Liszt Kammerensemble.Sarkasmus, Ironie und viel Humor vermittelten die von Herbert Feuerstein vorgetragenen Texte. - Ein Vergnügen, aber nicht unbedingt für Kinder.

Quasi zum „Drüberstreuen“ gab es noch die letzte der vier Sonntagsmatineen mit Rudolf Buchbinder und Mitgliedern der Wiener Philharmoniker. Beethovens Quintett für Klavier, Oboe, Klarinette, Fagott und Horn Es-Dur op. 16. war und ist in dieser Besetzung (Clemens Horak Oboe, Ernst Ottensamer Klarinette, Stepan Turnowsky Fagott, Wolfgang Vladar, Horn) ein Hörgenuss: Jugendlicher Beethoven von erfahrenen Musikern dargeboten. Ebenso anmutig die Wiedergabe von Franz Schuberts Klaviertrio Es-Dur D 929. Neben einem immer souverän wirkenden Rudolf Buchbinder ließen sich der lang gediente Wiener Philharmonische Konzertmeister Rainer Küchl und der Cellist Robert Nagy voll von der Musik tragen. Einklang vor dem Mittagessen.

Mit Verdis Requiem endete das siebte Grafenegg Festival. 27.400 Besucher haben insgesamt 29 Konzerten besucht. In der gesamten Sommersaison - von 20. Juni bis 8. September – wurden 45.700 Besucher gezählt. Ende Oktober 2013 wird das Programm für den Sommer 2014 bekannt gegeben.

www.grafenegg.com

Bilder: dpk-stern

 

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