Wo kommt dieses Bild von Zell am See her?
HINTERGRUND / RAUBKUNST
26/01/22 Man könnte einen Zettel mit der Aufschrift „Wanted“ aufhängen. Das Haus der Geschichte Österreich fragt nach der Herkunft – und damit nach den früheren Besitzern – eines Gemäldes. Es geht um das Ölbild Partie bei Zell am See von Friedrich Treuer. NS-Raubkunst? Die Familie, die das Gemälde heute verwahrt, sucht die rechtmäßigen Erben.
Es ist selten, dass sich ein Museum mit einer Frage der „Provenienz“ an seine Besucherinnen und Besucher Land wendet: „Das Gemälde Partie bei Zell am See von Friedrich Treuer ist ab 25. Jänner im Haus der Geschichte Österreich zu sehen. Sie wissen mehr zum Hintergrund dieses Kunstwerks?“
Die Nazis haben zahllose Kunstwerke enteignet. Mit „wilden Arisierungen“ haben sich oft auch Privatpersonen am Eigentum ihrer jüdischen Nachbarnnen bereicherten. „Durch breite Medienberichterstattung über prominente Fälle und Objekte in öffentlichen Sammlungen stieg in den letzten zwanzig Jahren die Sensibilität für das Thema NS-Kunstraub“, sagt Monika Sommer, die Direktorin des hdgö. Auch Privatpersonen fragen sich heutzutage, wie sie mit Dingen umgehen sollen, die einst vielleicht durch Arisierungen oder Notverkäufe erworben worden sein könnten. „Kunst- und Alltagsgegenstände wurden auch nach dem Ende der NS-Herrschaft in vielen Fällen nicht an die früheren Eigentümer zurückgegeben. Im Laufe der Jahrzehnte verloren sich oft die Spuren, die heute zu den Erben führen könnten.“ Ein solches Objekt sei, so Monika Sommer, das Landschaftsgemälde von Friedrich Treuer (1872–1942).
„Die Ausstellung des Bildes soll thematisieren, wie sich Fragen zum angemessenen Umgang mit NS-Raubkunst auch im Privaten stellen.“ Vielleicht werde damit sogar zur Klärung seiner Herkunft beigetragen. Das Gemälde hing ursprünglich in einer Wohnung in der Liechtensteinstraße 45 in Wien-Alsergrund. Die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner wurden vertrieben oder deportiert, das Bild aus einer Wohnung entwendet. Zwischsen 1938 und 1941 hätten sich acht Personen von der Adresse „abgemeldet“. Recherchen der Kommission für Provenienzforschung hätten einen Zusammenhang „mit Flucht vor der nationalsozialistischen Verfolgung oder Deportation“ ergeben. „Es sind jedoch weder Namen noch andere Fakten bekannt, die auf die ursprüngliche Herkunft des Bildes verweisen“, so Monika Sommer. Der ursprüngliche Eigentümer soll laut mündlichen Erzählungen überlebt und – vergeblich – versucht haben, das Bild zurückzubekommen. „Die Familie, die das Gemälde heute verwahrt, ist sich des Unrechtkontextes der Aneignung bewusst und sucht nun die rechtmäßigen ErbInnen.“
„Dieses Gemälde sucht seine Herkunft, doch dazu braucht es Öffentlichkeit. Unser Museum leistet gern einen Beitrag, um diese zu schaffen. Es sei ein wichtiges Signal, prototypisch die Geschichte dieses Landschaftsgemäldes aufzuklären, denn bei der Restitution gehe es nicht nur um die spektakulären Fälle, sondern um die unrechtmäßigen Bereicherungen in der Nachbarschaft. Sie sehe es „als Erfolg der jahrzehntelangen fundierten Tätigkeit der Kommission für Provenienzforschung an, sagt Monika Sommer, „dass sich nun auch Privatpersonen Gedanken über die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit ihres Besitzes machen.“
Nach dem Ende der NS-Herrschaft hätte es ab 1946 in mehreren Rückstellungsgesetzen gegolten, „dass Vermögen wieder an die rechtmäßigen BesitzerInnen zurückgegeben werden sollte“. Im Fall von Kunstobjekten betreibe der Staat aber erst seit Kunstrückgabegesetzes aus 1998 von sich aus Provenienzforschung: Damit habe sich die Republik Österreich verpflichtet, ihre Sammlungen zu durchforsten und „im Falle einer Rückgabeentscheidung die früheren Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger aktiv zu suchen“, erklärt Pia Schölnberger. Sie ist die administrative Leiterin der Kommission für Provenienzforschung. „Die dabei in mehr als zwanzig Jahren erworbene Expertise geben wir gerne an interessierte Privatpersonen weiter“, ergänzt die Historikerin Birgit Kirchmayr. „Je unbekannter ein Kunstwerk ist, umso schwieriger ist zumeist die Klärung der Herkunft. Welche Recherchemöglichkeiten zur Verfügung stehen, das möchten wir hier in Kooperation mit dem hdgö vermitteln.“ (hdgö / dpk)