Manhatten am Neusiedlersee
HINTERGRUND / MÖRBISCH / WEST SIDE STORY
23/07/21 Tony und Maria scheidet der Tod. Und zwischen Peter E. und Alfons H. wird sich in nächster Zeit wohl auch keine Love-Story entwickeln. Dafür sorgte der zuständige Kulturchef des Burgenlands, der Landeshauptmann, persönlich. „Man“ spricht sogar von Feindseligkeiten. Dabei ist die West Side Story durchaus ein Erfolg.
Von Wolfgang Stern
Was haben die Seefestspiele Mörbisch und die West Side Story gemeinsam? 1957. Damals wurde die Uraufführung des Welterfolges im Winter Garden in New York gefeiert und in Mörbisch begann mit dem Vogelhändler vor 1200 Zuschauern unter Kammersänger Herbert Alsen die Geschichte der Seefestspiele. Heute hat man Platz für 6200 Personen, ist 2021 faktisch ausgebucht und hat auch eine Freiheitsstatue. Die am Neusiedlersee hält als 14 Meter hohe Kopie die Fackel hoch.
Es muss für einen Bühnenbildner ein Vergnügen sein, auf einer der größten Freiluftbühnen weltweit zu arbeiten. Walter Vogelweider, der zuletzt beim Land des Lächelns dabei war versetzt sein Publikum in das „alte“ Manhattan. Buden, Feuerleitern, die Backsteinbauten, Leuchtreklame. Kriminalität ist der Inhalt des Abends und das bleibt aktuell, auch in einer Art Fünfzigerjahre-Nostalgie. Jets und Sharks, zwei verfeindete Jugendbanden, Kampf, Eskalation – das erzählt schon vor vierhundert Jahren Shaekespeares Romeo und Julia-Vorlage. Diese wurde im Sprechtheater, in Verfilmungen (Zeffirelli 1968) und in vielen musikalischen Vertonungen (Bellini, Gounod, Sutermeister, Berlioz, Tschaikowsky, Prokofjew oder Bernstein) bearbeitet. Erinnert sei an die Salzburger Aufführung unter Gustavo Dudamel bei den Pfingstfestspielen 2016, wo die Intendantin Cecilia Bartoli sich als die ältere einer zweigeteilten Maria im Musical versuchte.
Zurück nach Mörbisch. Regisseur Werner Sobotka lässt Sentimentalität, Aggression und offene Gewalt zu, und steuert am Ende in Richtung eines versöhnlichen Aufeinanderzugehens. Choreographisch trägt Jonathan Huors Gespür für Optik zum Effekt bei. Wenig aufregend sind die Kostüme von Karin Fritz. Für die musikalische Umsetzung verantwortlich ist der gebürtige Neapoletaner Guido Mancusi von der Wiener Volksoper. Er lässt, die lateinamerikanischen Rhythmen pointierend, kundig alle Genre-Klangfarben sich entfalten. Gesungen wird Englisch, gesprochen Deutsch.
Paul Schweinester als Tony und Andreja Zidaric als Maria werden den in sie gesetzten Erwartungen gerecht. Überhaupt war das Casting professionell, bis in die kleinsten Rollen hinein ist das Engagement der Mitwirkenden zu spüren. Der besuchte, regenfreie, Abend des 22. Juli endet mit den üblichen Staus bei Antritt der Heimreise, aber das weiß man ohnehin. Für 2022 plante der künstlerische Direktor Peter Edelmann Die lustige Witwe. Der ihm vorgesetzte Generalintendant Alfons Haider war, politisch unterstützt, stärker und programmierte The King and I.