Tirol statt China
REST DER WELT / TIROL / KLANGSPUREN FESTIVAL
03/09/20 Ausgerechnet heuer hätten die Klangspuren als völkerverbindendes Festival mit vielen außereuropäischen Gästen stattfinden sollen. Wegen der Corona-Beschränkungen ist alles anders. Von 11. bis 20. September werden fast ausschließlich österreichische oder in Österreich lebende Musikerinnen und Musiker beim Tiroler Festival für Neue Musik auftreten.
Von Heidemarie Klabacher
„Fernab davon, Klangspuren einen lokalpatriotischen Anstrich verleihen“ zu wollen, zeige das unter dem Motto Zeitzeichen stehenden Programm „die enorme Internationalität der gegenwärtigen Musikszene Österreichs“.
Vier der wichtigsten österreichischen Ensembles für zeitgenössische Musik sind diesmal zu Gast: Das Ensemble PHACE, das österreichische ensemble für neue musik oenm, Studio Dan und und das Klangforum Wien hat der künstlerische Leiter Reinhard Kager aufgeboten.
Konzentriert auf zwei Wochen, „doch hinsichtlich der Anzahl der Konzerte nur unwesentlich verkürzt“ wollen Veranstalter und Ausführende die Corona-Krise zum Anlass nehmen, „darüber nachzudenken, wie es jenseits von Wachstumsraten und Profitstreben, jenseits von Ressourcenverschwendung und menschengemachtem Klimawandel mit der Entwicklung der Welt weitergehen könnte“. Da hat man viel vor in Tirol.
„Das Eröffnungskonzert am 11. September mit dem Tiroler Symphonieorchester Innsbruck unter Titus Engel ist als nachdenklich stimmendes Diminuendo angelegt, mit klein besetzten Werken, die immer verhaltener, stiller werden. Am Ende steht, für nur mehr 16 Instrumente, Gerd Kührs Música pura, die ihre Kraft allein aus dem Inneren der Klänge gewinnt“, so die Verantwortlichen. Ebenfalls auf dem Programm steht die österreichische Erstaufführung von Adriana Hölszkys Violinkonzert Apeiron mit dem Tiroler Geiger Martin Mumelter.
Das in Salzburg beheimatete österreichische ensemble für neue musik oenm gastiert mit
Mathias Spahlingers doppelt bejaht. Oswald Sallaberger verantwortet die Einstudierung der Kammerorchesterfassung: Die Vision einer selbstbestimmten, von emanzipierten Individuen getragenen Gesellschaft bestimmt Mathias Spahlingers doppelt bejaht. „Ursprünglich als Orchesterstück für die Donaueschinger Musiktage 2009 konzipiert, ertönt das Stück bei Klangspuren erstmals in einer Kammerorchesterfassung für achtzehn InstrumentalistInnen. Ohne dirigierenden 'Dompteur' sollen die MusikerInnen selbst entscheiden, welche Wege sie durch ein Konvolut von „Verzweigungen“ musikalisch beschreiten.“ Zwischen Improvisation und Komposition bewegt sich Wolfgang Mitterer in der Innsbrucker Hofkirche: Er werde der Renaissanceorgel von Jörg Ebert mit elektronischen Sounds quasi eine zweite Stimme verleihen.
Das Schlusskonzert bestreitet das Klangforum Wien, „das in diesem September eigentlich eine China-Tournee spielen sollte“. Auch eine „veritable Uraufführung, die aufgrund des Lockdown im März nicht gespielt werden konnte“ wird nun in Schwaz nachgeholt: a stir among the stars, a making way von der italienischen Komponistin Clara Iannotta .
„Die international prominentesten Vertreter der österreichischen Improvisationsszene“ gestalten die sechs Konzerte des Improv-Schwerpunkts: „Von elektronischer Musik über kammermusikalische Improvisationen bis hin zu satten Fusion Sounds wird die gesamte Bandbreite der experimentellen Szene hörbar sein.“ Die International Ensemble Modern Academy (IEMA) wird ebenfalls durchgeführt. „Etwas weniger und nur in Europa lebende Musikerinnen werden an der Klangwanderung City Shorts, dem Wandelkonzert im Haus der Musik Innsbruck und dem IEMA-Abschlusskonzert teilnehmen. Die traditionelle Klangwanderung des Festivals wird mit Gruppen von maximal zwanzig Personen stattfinden. Ausgehend von je verschiedenen Treffpunkten werden auf einem Rundkurs in und um Schwaz Kurzkonzerte zu hören sein.