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Ariadne träumt ihr Unglück voraus

GRAZ / GEORG BENDA / ARIADNE

09/11/18 In Mannheim war es, da hatte Mozart – immer wachen Sinnes für das damalige neue Musiktheater – eines der beiden Melodramen von dem Böhmen Georg Anton Benda gehört und geschrieben: Er liebe diese Stücke so, dass „ich sie bey mir führe“. Bendas „Ariadne“ war kürzlich in Graz zu erleben.

Von Reinhard Kriechbaum

Nach aktuellem musikwissenschaftlichen Stand gelten die beiden Melodramen Bendas als die ersten dieser Gattung in deutscher Sprache. Wie darf man sich diese Musik vorstellen? Die „Ariadne“, jüngst produziert im Mumuth, dem (Musik)Theater der Grazer Kunstuniversität, ist knapp vierzig Minuten lang, und wirkt wie ein riesiges Accompagnato-Rezitativ, dem der Gesang abhanden gekommen ist. Die Protagonisten – Ariadne, Theseus und die Nymphe Oreade als Stichwortbringerin – geben ihren starken Gefühlen Ausdruck, und jede dieser Befindlichkeiten wird vom Orchester in jeweils ein paar akkuraten Takten stimmungsmäßig ausgemalt.

Was für Gefühle! Da hält Ariadne, mit Theseus gerade auf der Flucht auf Naxos gelandet, einen Traum-Monolog, denn im Schlaf ist sie so hellsichtig zu erkennen, dass Theseus sie verlassen wird. Theseus seinerseits kommt – schon lassen die Athener Kameraden die Blechfanfaren zum Aufbruch tönen – in die Zwickmühle: Die Liebe zu Ariadne (die ihm mit dem legendären Faden aus dem Labyrinth des Minotaurus geholfen hat) leben, oder solidarisch mit den Athener Kampfesfreunden bleiben und die Geliebte auf Naxos sitzen lassen? Es bleibt ihm eh kein Ausweg. Ariadne, die sich allein in der Fremde findet, bekommt von der Nymphe den Tipp, sich Neptun aufzuopfern und so den vermeintlich in Lebensgefahr schwebenden Theseus zu retten.

Wir sind da mitten im Sturm und Drang, der aus dem Libretto von Johann Christian Brandes ebenso wie aus der knappen Partitur von Georg Anton Benda lodert. 1775 ist die „Ariadne“ entstanden. Damals hatten auch Haydn und Mozart ihre wilden Phasen und schrieben ihre Sturm-und-Drang-Symphonien, mit Vorliebe in g-Moll.

Man wartet bei dieser „Ariadne“ immer irgendwie drauf, dass mal eine Arie kommt. Tut sie natürlich nicht, es ist ja ein Melodram, also ein Sprach-Musikstück in aller Konsequenz. Ein Schwebstoff im Gärprozess im Vorfeld der Wiener Klassik. Barocke Musik-Rhetorik ist noch gegenwärtig, aber die Vor-Klassiker C. Ph. E. Bach und Konsorten waren quasi die Einflüsterer für Benda. Der Zukunft konnte die exotisch anmutende Form des Musiktheaters nicht gehören, aber die Zeitgenossen waren (wie Mozart) vom Hocker.

Die Grazer Aufführung war geeignet, die emotionale Kraft der Musik zu übermitteln. Das studentische Originalklangensemble (Leitung Susanne Scholz, Violine, und Michael Hell, Cembalo) in Kleingruppen auf der Spielfläche, zwischen denen die stark körperbetont, wie Tänzer/Pantomimen sich gerierenden Darsteller (Alida Bohnen, Max Ranft, Annou Reiners) bewegten. Starke Rede in dem rhetorisch pointierten Musik-Umfeld.

Um auf eine gute Stunde Aufführungsdauer zu kommen, wurde zu dem Anlass geschaffene elektronische Musik (Anna Arkushyna, Paul Wolff) interpoliert. Gut, um die Sache noch ein wenig aufzupeppen, aber für Bendas Musik keineswegs überlebensnotwendig.

Bilder: kug Graz / Johannes Gellner

 

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