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Von Napoleon und Wendehälsen

INGOLSTADT / BAYERISCHE LANDESAUSSTELLUNG

14/09/15 Salzburg hat Ingolstadt viel zu verdanken. Damit meinen wir weniger die funkelnden schwarzen Luxuskarossen des Festspielsponsors AUDI, sondern den Umstand, dass Salzburg vom Dreißigjährigen Krieg nahezu unbehelligt blieb: Da es den Schweden nicht gelang, Ingolstadt einzunehmen, verzichteten sie darauf, weiter zu ziehen.

Von Horst Reischenböck

Aber nicht darum geht es heuer in Ingolstadt, sondern um ein 200-Jahre-Jubiläum: Am 18. Juni 1815 schlug für Napoleon Waterloo. Daran erinnert man in einer groß angelegten, sehenswerten Ausstellung im Neuen Schloss Ingolstadt. Ingolstadt verdankte Napoleon unter anderem das zwangsweise Schleifen der Befestigungsanlagen.

Beziehungspunkte zur gemeinsamen Geschichte Salzburgs und Bayerns in der napoleonischen Ära lassen sich auch hierzulande finden. So erinnert im Schloss Mirabell eine zweisprachige Gedenktafel daran, dass hier am 1. Mai 1815 Otto, der spätere erste König Griechenlands, geboren wurde. Dessen Vater, der damalige Kronprinz Ludwig von Bayern, hätte zwar lieber mit der Zarentochter Katharina Pawlowna Kinder gezeugt, aber diese Ehe vereitelte Napoleon. So wurde die Sachsen-Prinzessin Therese Ludwigs Frau und Ottos Mutter. Dieser Hochzeit wegen gibt es die Theresienwiese und das Münchner Oktoberfest.

Nicht alles war also ganz schlecht, was unter Napoleon in und mit Bayern geschah. Das mit dem Korsen verbündete Bayern verdanke Napoleon ein vergrößertes und erstmals geschlossenes Territorium, inklusive Franken und der pfälzischen Gebiete. Freilich ohne die zwischenzeitlich vereinnahmten Länder Tirol und Salzburg. Aber der Rupertiwinkel blieb Bayern über den Wiener Kongress hinaus bis heute erhalten.

Ministerpräsident Horst Seehofer in seiner Eröffnungsrede: „Ein … Aspekt macht diese Epoche für Bayern so beispielhaft: zeigt sich im Wechsel seiner Bündnispartner – von den Habsburgern zu Napoleon und wieder zurück – doch die uns Bayern eigene, besondere strategische Weitsicht, im entscheidenden Moment an der Seite der Sieger zu stehen!“ Wendehälse gab es auch damals schon. Immerhin bannte man damals die Gefahr, dass Bayern als eigenes Fürstentum von der Landkarte verschwindet.

Die vom Haus der Bayerischen Geschichte zusammen mit dem Armeemuseum konzipierte Ausstellung „Napoleon und Bayern“ widmet sich auch den erschreckenden Zügen dieser erzwungen/freiwilligen Partnerschaft nach dem Triumph bei Austerlitz, der Napoleon den Nimbus des Unbesiegbaren eintrug. Da darf natürlich das Gemälde von Jacques-Louis David, Napoleon auf den Großen Sankt-Bernhard-Pass, das auch das Plakat ziert, im Original nicht fehlen, genau so wenig wie sein Hut als Markenzeichen.

Andererseits sind die zahlreichen Züge seines Militärs schon ab 1800 durch die bayrischen Lande dokumentiert. Man musste Kost und Unterbringung übernehmen und Soldaten stellen, die dann im Russland-Feldzug ihr Leben ließen. Von mehr als 30.000 Einberufenen kehrten kaum zehn Prozent zurück! Manche bewahrten trotzdem verklärte Erinnerungen, wie als rares Dokument das stolze Foto des greisen Mesners Andreas Millinger aus St. Martin bei Lofer beweist. Er steht da im Militärmantel mit Veteranen-Denkzeichen des Königreichs Bayern auf der Brust.

Die Ausstellung, für die auch französische Museen und Archive zahlreiche Exponate zur Verfügung stellten, dokumentiert nicht nur rund zwanzig Jahre ständigen Kriegsgeschehens an Hand von Napoleons Organisation von Truppen, moderner Ausstattung („weg mit dem Zopf“) und seiner Feldzüge. Sie zeigt auch, wie das einfache Volk, wie die Zivilisten damit zu Rande kommen mussten. Plötzlich gab es Neuerungen wie die französisch beeinflusste Mode. Dass der Meter zur neuen Längenmaßeinheit wurde (was die Leute gar nicht so gerne akzeptierten) geht ebenso auf diese Ära zurück wie die seitens der Obrigkeit verordnete fortlaufende Nummerierung von Häusern.

Das geschah damals auch bei uns in Salzburg, weil sich die einquartierten fremden Soldaten, ortsunkundig, in der Dunkelheit heillos verliefen.

Der lesenswerte, reich illustrierte Katalog mit mehr als 330 Seiten bietet vertiefende Information.

„Napoleon in Bayern“, Bayerische Landesausstellung 2015. Neues Schloss Ingolstadt, bis 31. Oktober, täglich von 9 bis 18 Uhr – www.hdbg.de/napoleon
Bilder: Haus der Bayerischen Geschichte

 

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