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Eine Eröffnung mit Beethoven und Mozart

REST DER WELT / LUCERNE FESTIVAL

09/08/12 Claudio Abbado und das Lucerne Festival Orchestra liefern im fantastischen Konzertsaal von Jean Nouvel tief berührende Interpretationen mit Werken zum Thema „Glaube“.

Von Oliver Schneider

Eine echte Premiere hatte Intendant Michael Haefliger, dessen Vertrag kürzlich bis 2016 verlängert wurde, für die Saisoneröffnung am Vierwaldstättersee geplant: Claudio Abbado sollte zum Abschluss seines Luzerner Mahler-Zyklus erstmalig Mahlers monumentale Achte dirigieren, die der Komponist einmal selbst gegenüber Alfred Roller als „seine Messe“ bezeichnet hatte. Damit wäre das Werk ein perfekter Auftakt für das heurige Festival mit dem Thema „Glauben“ gewesen. Aber Abbado überlegte es sich anders. Zum Glück sind Religion, Glauben und Musik so eng miteinander verflochten, dass sich ein Alternativprogramm fand: Beethovens Musik zu Goethes Trauerspiel „Egmont“ und Mozarts Requiem. Mochte man im Vorfeld die Programmänderung auch bedauert haben, man verließ den Konzertsaal von Jean Nouvel mit seiner fabelhaften Akustik tief berührt und beglückt.

Abbado und das Festival Orchestra, das sich vor allem aus den Mitgliedern des Mahler Chamber Orchestras, des Orchestras Mozart und namhaften Solisten rekrutiert, bewiesen schon in der „Egmont“-Ouvertüre, wie sich ein samtiger philharmonischer Orchesterklang und ein beredtes, konturiertes Musizieren verbinden lassen.

Bruno Ganz war mit seiner bestimmten, modulationsfähigen Rezitation ein felsenfester Freiheitskämpfer Egmont, Juliane Banse ein zuverlässiges Klärchen mit flutendem Legato. Die Krone aber gebührte Abbado und den Musikern, unter denen sich zum Beispiel die Klarinettistin Sabine Meyer befindet, für ihre singuläre Leistung.

Mild und verklärt erklang im zweiten Programmteil Mozarts Requiem, bei dem die von Peter Dijkstra einstudierten Chöre des Bayerischen und Schwedischen Rundfunks durch ihre plastische Wort-Ton-Behandlung hervorstachen. Aus dem noblen Solistenquartett seien Anna Prohaska mit leuchtkräftigem Sopran und René Pape mit seinem sonoren, voll strömenden Bass erwähnt. Dem Konzert vorgeschaltet war der offizielle Eröffnungsakt, in dem nach den unterkühlten Grußworten der Schweizer Bundespräsidentin der romkritische Theologe Hans Küng über Komponisten und ihren Glauben sprach. Der Vortrag war im Grunde hörenswert, aber das Publikum wurde mit der Zeit merklich unruhig. Besser wäre es, den Festakt und die eigentliche Eröffnungsveranstaltung zu trennen.

In rund einem Drittel der fast siebzig Orchester- und Kammerkonzerte sowie Rahmenveranstaltungen werden Werke zum Festivalthema auf dem Programm stehen: von Bach über Bruckner bis zu Sofia Gubaidulina, die gemeinsam mit Philippe Manoury als „composer-in-residence“ eingeladen ist. Auch die tourenden Solisten und Gastorchester, die in Luzern Station machen werden, haben meist etwas programmatisch Passendes im Gepäck. Die Wiener Philharmoniker werden unter Vladimir Jurowski und Bernard Haitink unter anderem Olivier Messiaens „L’Ascension“, Tschaikowskys „Manfred“ und Bruckners Neunte interpretieren.

Das Festival Orchestra, der Trumpf von Intendant Michael Haefliger, ist noch mit einem zweiten Programm zu hören (unter anderem mit Bruckners Erster), mit dem Abbado auch Mitte September im Wiener Musikverein gastieren wird. Die von Pierre Boulez geleitete Festival Academy, in der sich junge Musiker drei Wochen nur mit Musik des 20. und 21. Jahrhunderts auseinandersetzen, stellt Manuel de Fallas Oper „Meister Pedros Puppenspiel“ in einer szenischen Koproduktion mit dem Theater Basel zur Diskussion. Das Luzerner Programm mit seiner vielen Querverbindungen und verflochtenen Strängen muss heuer keine Konkurrenz fürchten, denn andernorts setzt man im Konzertsektor lieber auf profillose Masse, in der die Juwelen zu wenig Leuchtkraft entfalten können.

Lucerne Festival - Wiederholung des Eröffnungskonzerts am 10. und 11. August. TV-Übertragung am 10. August um 22.20 Uhr auf SF1 und am 2. September um 17.20 Uhr auf Arte. Gesamtprogramm und Karten - www.lucernefestival.ch
Bilder: www.lucernefestival.ch/Peter Fischli/Georg Anderhub/Priska Ketterer

 

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