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Hampson heißt die Kanaille

REST DER WELT / OPERNHAUS ZÜRICH

21/12/10 Die Uraufführung von Schillers Sturm und Drang-Drama „Die Räuber“ 1782 in Mannheim sorgte für Aufregung, übte der Dichter doch deutlich politische und gesellschaftliche Kritik verpackt in einen Vater-Sohn-Konflikt und einem Bruderzwist. Davon ist im von Andrea Maffei für Giuseppe Verdi verfassten Libretto für seine „Masnadieri“ wenig übrig geblieben.

Von Oliver Schneider

Im Gegenteil: Maffei hat die Schiller-Vorlage auf ein Familiendrama reduziert, die Partie der Amalie aufgewertet und damit die für Verdi typische Dreieckskonstellation zwischen Sopran, Tenor und Bariton geschaffen. Francesco Moor, der sich als Zweitgeborener immer zurückgesetzt fühlt, seinen Bruder verleumdet und auch nicht davor zurückschreckt, den eigenen Vater in den Tod zu treiben, wird bei Maffei/Verdi zu einer Vorstufe Jagos.

Thomas Hampson gibt in dieser Partie in Zürich sein Rollendebüt und sorgt mit seiner Interpretation dafür, dass die bereits fünfte Opernpremiere in dieser Saison über das Mittelmass hinaus kommt.

Musikalisch steht Verdi in seiner 1847 nach der Erstfassung von „Macbeth“ uraufgeführten ersten Schiller-Vertonung noch ganz in der Tradition Bellinis und Donizettis. Vor allem die ersten beiden Akte mit ihren aneinander gereihten Arien in der Cavatine-Cabaletta-Form schleppen sich dahin, obwohl ein so erfahrener Dirigent wie Adam Fischer am Pult des Opernhaus-Orchesters steht. Zum Glück verdichtet sich die musikalische Spannung nach der Pause, und vor allem Francescos Albtraum und sein Selbstmord weisen auf Verdis Weg zu „Simone Boccanegra“ und „Otello“ voraus. Fischer und die Musiker ergreifen hier beherzt ihre Möglichkeit zur Profilierung und sorgen für einen fulminanten Schluss.

So konventionell wie das Werk gibt sich auch die historisierende Inszenierung von Guy Joosten. Dadurch, dass bereits Verdi und Maffei der Vorlage den Zahn gezogen haben, blieb ihm wohl auch keine andere Wahl. Auf der einen Seite der Drehbühne ist das Schloss der Familie Moor angedeutet, auf der anderen das Lager von Carlos Moors Räuberbande (Ausstattung: Johannes Leicacker). Gegen eine traditionelle Deutung spricht nichts, jedoch ist auch in dem Fall eine Personenführung nötig. Joosten beschränkt sich leider auf eine Bebilderung der Ereignisse. Es ist Thomas Hampson mit seiner Bühnenpräsenz zu verdanken, dass es in dieser Produktion Momente gibt, in denen zumindest der dunkle Charakter von Francesco Moor spürbar wird. Stimmlich ist Hampson auch in bester Verfassung: mit sonorer Resonanz, sicher auf Ton und flexibel in der Lautstärke.

Auch der Rest des Ensembles bemüht sich: Da ist an erster Stelle Carlo Colombara zu nennen, der den alten Moor mit substanzvollem Bass ausstattet. Ein Versprechen für die Zukunft gibt Benjamin Bernheim in der kleinen Rolle des Dieners Arminio mit strahlkräftigem Tenor ab, Fabio Sartori als Carlo Moor ist ein sicherer Wert – an seiner Stelle schmetterte Massimiliano Pisapia in der zweiten Aufführung wegen krankheitsbedingter Absage die Spitzentöne. Isabel Rey als Amalie punktet in der Mittellage, der von Jürg Hämmerli einstudierte Herren-Räuberchor weiss die Gunst der Stunde zu nutzen.

Auch die Zürcher Inszenierung wird insgesamt nicht dazu beitragen, dass „I masnadieri“ häufiger auf den Spielplänen auftauchen wird. Aber für Verdi-Fans ist es zumindest eine interessante Entdeckung.

Weitere Vorstellungen: 22., 26. und 29. Dezember 2010 sowie 2. Jänner 2011 - www.opernhaus.ch
Bild: www.opernhaus.ch

 

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