Vom Baumstamm zum Stammbaum
REISEKULTUR / ATTERSEE (3)
06/11/30 Einige weitere lohnende Kultur-Haltepunkte in der Atterseeregion: Das „Pfarrersalettl“ in Nußdorf, das Stammbaum-Maleratelier in Oberwang und Lydia Roppolts Glasfenster in der Konradkirche.
Von Elisabeth Aumiller
Ein Erlebnispfad der besonderen Art ist der Wildholzweg in Nußdorf am Attersee. Findige Köpfe haben mit diesem Themenweg die Natur zum Kunstobjekt geformt. Auf einer leichten Wanderung über 950 m bei einer Höhendifferenz von 100 m, beginnend auf dem Gemeindeplatz Nussdorf, informieren 12 Stationen über Struktur und Eigenart heimischer Hölzer.
Alte Baumstämme sind in zum Teil bizarren Formen zu Baumskulpturen geworden. Altbürgermeister Johann Gebetsberger ist der ortsverbundene Führer, der sich mit den Bäumen und ihren Besonderheiten genau auskennt. Hier sind Bäume wirklich zu „begreifen“. Angeführt vom Nussbaum als Symbol für Nussdorf zeigen zahlreiche verschiedene Laub- und Obstbaumsorten ihre unterschiedlichen Holzeigenschaften. Jeder Stamm ist sorgfältig beschriftet nach Typus, Alter, Gewicht und ursprünglichem Standort.
Auch über die österreichische Mostkultur sagt die Beschilderung Markantes aus. Eine monumentale alte Obstpresse von 1885 ist ebenso zu bewundern wie eine mit Wasserrad betriebene Säge. Im Wald sind Dufthäuschen aufgestellt, die mit unterschiedlichen Gewürzaromen den Geruchssinn auf die Probe stellen. Endstation ist das sogenannte „Pfarrersalettl“, ein Naturkraftplatz, der zum Verweilen einlädt, einen wunderbar weiten Blick über den Attersee bietet und sich bestens zum meditativen Auftanken von Ruhe und befreitem Aufatmen eignet.
Von Nussdorf ist es nicht weit nach Oberwang, auf der Höhe zwischen Attersee und Mondsee gelegen. Dort ist der Besuch im Atelier der Stammbaum-Maler Regina und Franz Rosenlechner ein besonderes Erlebnis. In 25 Jahren hat sich das Ehepaar als perfekt eingespieltes Team einen überregional weit verbreiteten Namen gemacht als Österreichs umfangreichste Stammbaum-Gemälde-Hersteller. Die Rosenlechners haben die alte Kunst der Stammbaummalerei wieder belebt. Jedes Gemälde ist ein Unikat und wird individuell zusammengestellt. 22 verschiedene Arten von Stammbäumen, Familientafeln, Ahnenchroniken, Wappen und Zunftzeichen bieten sie an.
1988 haben sie angefangen, diese Idee umzusetzen, nachdem Franz Rosenlechner krankheitsbedingt arbeitslos wurde. Autodidaktisch habe er sich die nötigen EDV- Kenntnisse angeeignet, erzählt er. Aus einer kleinen Offset- Werkstatt hat sich dann die Stammbaum-Malerei als Kombination von Computertechnik und Handarbeit entwickelte. Franz Rosenlechner bereitet das Grundgerüst mit Namen und Daten mit Hilfe von Computergrafik. Im Anschluss fertigt die Malerin Regina Rosenlechner mit ihrem geschickten Pinsel händisch die Bäume und künstlerische Ausgestaltung. Sieben Jahre hat es gedauert bis sich für die Rosenlechners ihre Arbeit wirtschaftlich gerechnet hat.
Heute ist für eine Bestellung ein Jahr Wartezeit vonnöten. Aufträge erhalten sie aus allen Gesellschaftsschichten. Etwa 100 verschiedene Stammbäume halten sie im Atelier als Ansichtsexemplare bereit, dazu viele Schaubilder zur Erklärung und Auswahl der vielen Möglichkeiten. Mit Kaffee und Kuchen, dazu einem flotten Ständchen auf der Ziehharmonika, die der Hausherr ebenso gut beherrscht wie seine Computergrafiken, werden die Gäste zum Abschied noch verwöhnt.
Ebenfalls in Oberwang ist die Konradkirche zu besichtigen, eine schlichte gotische Kapelle aus dem Jahr 1450 mit hohem Schindeldach und einem kleinen Dachreiter. Sie ist zwar dem Hl. Martin geweiht, aber man kennt sie nur als Konradkirche. Sie erinnert an den im Jahr 1145 an dieser Stelle erschlagenen Abt Konrad von Mondsee und so ist sie zu einer Stätte der Verehrung dieses lokalen Heiligen geworden. Die Legende berichtet, dass Konrad von seinen Mördern verbrannt werden sollte, aber die Flammen konnten weder dem Leichnam noch dem Brett, auf dem er lag, etwas anhaben. Das Brett ist beim Altar über dem Sakristei-Eingang zu besichtigen.
Das Besondere ist die Kombination von alter Architektur und neuer künstlerischer Ausschmückung: Emma und Lydia Roppolt trugen mit der Ausgestaltung der Kapelle zur Erneuerung der Konrad-Verehrung bei, die von Erzabt Jakobus Reimer angeregt wurde. 1959 schuf Lydia Roppolt drei Glasfenster und weitere drei 1962 nach der Kirchenrestaurierung. Sie zeigen Schriftstellen aus dem Alten und Neuen Testament sowie vier große Propheten und die Darstellung des seligen Konrad.. Ein Mosaik-Epitaph von Lydia Roppolt im Fußboden erinnert an Jacobus Reimer. Nach dem Tod von Emma Roppolt verwandelte Lydia Roppolt 1986 den Nordeingang des Kirchleins in eine von ihr ausgemalte Grabkapelle, in der auch sie später zur letzten Ruhe gebettet wurde.