Streichquartette zum Quadrat
DIALOGE / STREICHQUARTETTE
27/11/12 Streichquartette – Ensembles und Werke - der Sonderklasse stehen auf dem Programm der Diagonale zum Thema „Luft“. Das Hagen Quartett und das Minetti Quartett spielen am Donnerstag (29.11.) das „Preußische“ Streichquartett von Mozart, Claude Debussys Streichquartett g-Moll op. 10 und das dritte Streichquartett von Manfred Trojahn.
Das Streichquartett nimmt im Schaffen von Manfred Trojahn eine zentrale Stelle ein. Der 1949 in Cremlingen bei Braunschweig geborene Komponist sprengt dabei jedoch klassische Form und Besetzung: Im Zyklus „Lettera Amorosa“ treten zum Quartett zwei weitere Violinen und zwei Soprane. Die Sonata IV „Printemps“ verlangt nach zusätzlicher Flöte, die „Fragmente für Antigone“ und die Schubert-Hommage „Palinsesto“ nach einer Sopranstimme. Sein zweites Streichquartett ist mit siebzig Minuten Aufführungsdauer das Längste Quartettwerk Trojahns, es enthält Vertonungen von zwei Gedichten Georg Trakls und verlangt zusätzlich eine Mezzosopranstimme und eine Klarinette.
Das dritte von bisher vier Streichquartetten steht am Donnerstag (29.11.) auf dem Dialoge-Programm: Es ist „ein Werk höchster Konzentration“: „Nicht mehr als zwei Partiturseiten sollte jeder der vier Sätze umfassen, war Trojahns Ausgangsplan“, heißt es im Programmbuch. Also ein totaler Gegensatz zum beinahe ausufernden Vorgängerwerk. Die mit „Tonalität spielenden Erzählweise“ und die Auseinandersetzung mit Beethovens spätem Streichquartettschaffen verbinde die beiden Streichquartette innerlich – trotz ihrer äußeren Verschiedenheit. „Was damals kühn und fortschrittlich war, wirkt so auch heute noch. Die seit der Klassik hinzugekommenen, neuen Spieltechniken auf den Streichinstrumenten werden durchmischt mit Episoden und Momenten, deren Harmonik und Melodik an der Vergangenheit orientiert sind.“
Auch Georg Trakls Lyrik habe in das dritte Quartett gefunden, „allerdings nicht in der offensichtlichen Form von Gedichtvertonungen wie im zweiten Quartett, sondern verborgen“: Das musikalische Material, das den sehr zarten und äußerst langsam zu spielenden zweiten Satz prägt, habe den Komponisten schon lange verfolgt: „Es bildete einmal den ersten Versuch des 16-Jährigen, ein Trakl-Gedicht zwölftönig zu vertonen. Das Material, das dann doch mehr und mehr „tonal“ wurde, hat schließlich den zweiten Satz des dritten Quartetts erreicht, einen lyrisch ausgebreiteten Streichersatz in weichem Legato und mit einem idyllischen Siciliano-Ausklang.
„Trojahn holt die Musik gleichsam aus einer leise flimmernden Vergangenheit in die disparate Gegenwart.“ So Rainer Lepuschitz im Programmbuch der Dialoge. „Was das Streichquartett über alle Zeiten und Stile hinweg auch bei Trojahn ist und bleibt: eine angeregte Kommunikation von vier Stimmen und musikalischen Wesen, die aufeinander reagieren, Synthesen und Symbiosen bilden, sich thematisch auch gegeneinander behaupten sowie klanglich und im Harmonischen miteinander agieren.“
1983 hat Manfred Trojahn sein drittes Streichquartett (Molto Adagio/sehr zart, äußerst langsam/Agitato/sehr langsam, mit äußerster Ruhe) komponiert. Es ist dem amerikanischen Komponisten Griffith Rose gewidmet, den Manfred Trojahn in seiner zunächst sehr einsamen Zeit im damals neu gewählten Wohnort Paris als Freund gewonnen hatte und in dessen Haus in der Provence er das Quartett komponiert hat. (ISM/dpk-klaba)