Ein Schatz mit 555 Volksmusik-Juwelen
HINTERGRUND / SALZBURGER LIEDER- UND JODLERSCHATZTRUHE
23/11/12 „Einige hundert Abende verbrachten die sechs Sängerinnen und Sänger bei Aufnahmen“, schätzt der Initiator des Projekts, Poidl Breinlinger. Es wurde recherchiert, notiert – und man habe „wahre Juwelen“ wieder entdeckt. Lieder und Jodler, „die sicherlich viele Jahre oder Jahrzehnte lang nicht gesungen wurden“.
Von Reinhard Kriechbaum
Das Ergebnis „können Sie nicht einfach so unter den Arm nehmen“, sagt Poidl Breinlinger, als DrehPunktKultur bei ihm vorsprach in Sachen „Salzburger Lieder- und Jodlerschatztruhe“. Das gute Ding hat nicht nur in musik-archivalischer Hinsicht Gewicht, sondern wiegt auch viereinhalb Kilo. „Eine Schatztruhe eben“, betont Breinlinger. 555 fast vergessene Juwelen alpenländischer Volkskultur, zeitlich zurück reichend bis in ins 17. Jahrhundert, sind da beisammen: in einem siebenhundert Seiten starken Notenbuch und auf 18 CDs. Die haben vielleicht nicht Studioqualität, aber sie dokumentieren den lebendigen Umgang mit dem Material.
Die „Salzburger Lieder- und Jodlerschatztruhe“ enthält Stücke aus dem gesamten Alpenraum. Die sechs Sängerinnen und Sänger hinter dem Projekt sind allesamt Salzburgerinnen und Salzburger. Die Räumlichkeiten für die Aufnahme stellte Gräfin Heidi Castell-Castell zur Verfügung: „Heidi war in ihrer Salzburger Wohnung am Kapuzinerberg unsere Gastgeberin“, erzählt Breinlinger. „Sie war der gute Geist hinter dem Projekt, unsere Mentorin. Ohne Heidis Unterstützung wäre die Idee der Schatztruhe unmöglich zu verwirklichen gewesen.“
„Volksmusikalischen Artenschutz“ nennt Poidl Breinlinger das Unternehmen, das er gemeinsam mit Horst Bauer, Maria Sandtner, Helmi Rettenbacher, Kathi Hetz und Hermi Polacek seit Dezember 2006 betrieben hat. Die Salzburger Lieder- und Jodlerschatztruhe wolle dezidiert nicht als eine Art Museumsexponat verstanden sein. „Ganz im Gegenteil“, betont Breinlinger, „es geht uns darum, Chören, Familien, Musikschulen, Sing- und Musiziergruppen einen ganz neuen und einfachen Zugang zu teilweise Jahrhunderte alten Stücken unserer Kultur zu öffnen.“
Aus diesem Grund hat man sich auch nicht mit der Aufarbeitung historischer Unterlagen und die Transkription der originalen Texte und Melodien zufrieden gegeben, sondern hat sie auch eingesungen. Breinlinger: „So können Musikinteressierte innerhalb weniger Minuten herausfinden, ob ihnen ein Lied oder ein Jodler gefällt – und können ihn ganz mühelos einstudieren. Das ist uns das Wichtigste: Die Lieder und Jodler, die ein wunderschöner Beweis für die Vielfalt und den Reichtum unserer eigenen Kultur sind, verdienen es, wieder gesungen zu werden.“
Die 555 Stücke findet man übersichtlich in 14 Liedkategorien aufgelistet, von Hochzeits- und Weihnachts- bis zu Alm-, Liebes- und Marienliedern.
Das Budget: etwas mehr als 150.000 Euro für die reinen Produktionskosten wie die Vervielfältigungen der CDs und den Druck der Bücher. Die Sängerinnen und Sänger selbst engagierten sich ehrenamtlich. Ein Teil der Finanzierung konnte durch Sponsoren (Servus TV, Land Südtirol) und Paten gesichert werden, die Patenschaft für ein Lied konnte um hundert Euro erworben werden. Es wäre keine Schatztruhe, wenn es sie unbegrenzt gäbe: Die Auflage ist mit tausend Stück limitiert, der Preis beträgt 184 Euro.