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Flirt, Hingabe und Scherz

MOZARTEUMORCHESTER / ANTONINI / GABETTA

16/11/12 Die Cellistin Sol Gabetta, der Dirigent Giovanni Antonini und ein motiviertes Mozarteumorchester machten den gewöhnlichen Donnerstag zum Festtag.

Von Christiane Keckeis

Zur Introduktion erklang ein selten gespieltes Werk eines wenig bekannten Komponisten: Joseph Martin Kraus war ein Zeitgenosse Mozarts, der mit seinen Werken am schwedischen Hof reüssierte. Und dies durchaus zu recht, wie die Klangprobe am Donnerstag (15.11.) im Großen Saal belegte. Die 1783 entstandene Symphonie c-Moll bewegt sich zwischen barocker Lautmalerei und klassischem Impetus, verlangt ein stilistisch wie dynamisch kontrastreiches Musizieren, das dem Orchester sichtlich Spaß macht. Giovanni Antonini am Pult gibt aber auch herrliche Impulse, mimisch wie gestisch inspirierend, scheut er sich auch nicht, nicht immer ganz geräuschlos mit zu artikulieren: Leidenschaft, die sich überträgt und Routine gar nicht erst aufkommen lässt. Manch ergreifend schöne Momente gelingen. Durchsichtiger Barockklang durch nahezu vibratoloses Spiel, dann wieder mächtig geballtes Orchestergetöse, gelegentlich auch etwas belangloses Dahinspielen - aber das lässt Antonini nicht lange zu. Ganz präsent fordert er Einsatz.

Vollkommener Einsatz bezeichnet auch die Ausnahmekünstlerin Sol Gabetta, sie lebt in der Musik, taucht völlig ein und gibt sich hin. Diesmal war es Haydns Cello-Konzert C-Dur, das eine ebenso eigenwillige wie fesselnde Interpretation erfuhr. Im echten Moderato beginnt sie den ersten Satz mit empfindsamem Ton, weniger spielerisch frech als berührend tief, mit leidenschaftlichen Akzenten. Auch in der virtuosen, abwechslungsreichen Kadenz steht die stupende Technik Gabettas stets im Dienst des Gefühls. Lange zwingende Phrasen in geradezu unendlicher Langsamkeit und fragilem Ton bestimmen den zweiten Satz, der eine innere Spannung aufbaut, deren Lösung im fulminant temporeichen Finalsatz eine schiere Erlösung darstellt. Triumphal, mit erotisierter Angriffslust und starkem Willen ergießt er sich in irrealem Tempo und hinterlässt Staunen und jubelnde Zuhörer. Schön, weil selten in dieser Weise zu beobachten, auch der musikalisch intensive Flirt zwischen Solistin und Konzertmeister: das Orchester gleicht sich zunehmend dem schwebenden Ton der Cellistin an und fügt sich mit Pianokultur in ein Miteinander.

Auch in der Zugabe „Dolcissimo“ von Peter Vask balanciert Sol Gabetta auf einem Grat der seelischen Entäußerung, des Sich ganz und gar Einlassens und Verlierens, der den Betrachter fast ein wenig um die zu schützende Seele fürchten lässt. Allein, der dadurch entstehenden Intensität kann sich niemand entziehen. Außerirdisch.

Realer und irdischer geht es dann wieder in Beethovens Achter Symphonie zur Sache. Antonini entfesselt das Mozarteumorchester, lässt keinen Anflug von Bravheit aufkommen: mit Schwung und dennoch differenziert gestalten die Musikerinnen und Musiker, Höhepunkte werden in kraftvollen Steigerungen ohne Schwächeln erreicht, Geheimnisse ausgelotet. Allenfalls die Leichtigkeit des Scherzens braucht ein wenig Eingewöhnen, bis sie frech und fröhlich aufscheinen kann. Die Freude am Klang und am Elan überträgt sich auf ein begeistertes Publikum, das sein Orchester schlussendlich ausgiebig feiert.

Bild: Mozarteumorchester

 

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