Liebeserklärungen rundum
CAMERATA SALZBURG / BEGEGNUNG
24/04/12 Sechzigster Geburtstag der Camerata Salzburg, hundertster Geburtstag von Sándor Végh. Der legendäre Geiger Sándor Végh prägte das 1952 von Bernhard Paumgartner gegründete Orchester von 1978 bis zu seinem Tod 1997: „Es gibt weltweit kein Kammerorchester, dass eine so lange Tradition hat. Sándor Végh hat unseren Klang geprägt – und wir sind stolz darauf.“
Von Heidemarie Klabacher
Auch wenn sich inzwischen vieles verändert hat: „Die Art Sándor Véghs Violine zu spielen, prägt uns bis heute.“ Das sei ähnlich, wie mit Leopold Mozarts Violinschule: „Für Streicher immer noch die Bibel.“ So Sepp Radauer, Kontrabassist der Camerata Salzburg und an der Programmierung der Orchesterprojekte beteiligt, heute Dienstag (24.4.) bei der Pressekonferenz zum Festival „Begegnung“.
Das Festival findet heuer von 3. bis 6. Mai statt und ist im Jubiläumsjahr in seiner Dramaturgie Sándor Végh geschuldet: Programmsäulen seien, so Sepp Radauer, die drei „Arbeitsfelder“ des legendären Geigers, Kammermusikers und Camerata-Gründers. Zum Thema „Violine“ habe man „Salzburger Kapazunder“ eingeladen: Benjamin Schmid, Michaela Girardi, die Konzertmeisterin der Camerata - und dazu Patricia Kopatschinskaja.
„Eine Sensation, dass sie da ist“. Pressekonferenz als Hommage: „Es sprudelt nur so aus ihr heraus. Es ist schwer, sie zu begleiten, aber spannend: Ein alt bekanntes Stück wird plötzlich ganz neu, durch die Art wie sie den Dialog sucht.“ Patricia Kopatschinskaja sei eine der spannendsten Vertreterinnen ihres Faches, und, so Radauer, „das hat gar nichts mit barfuß auftreten zu tun.“ Ein Markenzeichen der Geigerin ist ja, dass sie ohne Schuhe auftritt.
Sándor Végh war auch ein begnadeter Kammermusiker: Den „Quartett-Faktor“ vertritt bei der Begegnung 2012 das Hagen Quartett: „Die Hagens sind in Salzburg aufgewachsen zu der Zeit, als Sándor Végh seine besten Zeiten hatte.“ Mit einzelnen Mitgliedern des Hagen Quartettes spiele die Camerata ja öfter, bei der Begegnung wird die Camerata mit dem Quartett musizieren. Neben Edgar Elgars „Introduktion und Allegro für Streichquartett und Orchester op. 47“ stehen Orchesterfassungen von Streichquartetten auf dem Programm. "Wie zu Sándor Véghs Zeiten." Orchesterfassungen von Kammermusikwerken waren ja ein besonders Markenzeichen der Camerata unter Sándor Véghs.
Zur Erinnerung an die Arbeit des Orchesterleiters und -erziehers seien Künstler eingeladen worden, „die mit Sandor zu tun hatten“: Dazu gehört der Dirigent Gérard Korsten, "ein Meisterschüler Veghs und langjähriger Konzertmeister der Camerata", sowie der Pianist Alexander Lonquich, der "als ganz junger Solist" viele Konzerte mit Sándor Végh gespielt habe. Patricia Kopatschinskaja habe Sándor Végh natürlich nicht kennen könnten, „aber ich glaube, er hätte eine Freude mit ihr gehabt“, meint Sepp Radauer.
Bei aller Tradition vergesse die Camerata aber keineswegs Gegenwart und Zukunft, betont der Camerata-Geschäftsführer Lutz Hochstraate: „Auftakt zur ‚Begegnung’ ist ein Jugendkonzert mit Musik von Mozart bis Amy Winhouse mit Texten von Shakespeare bis zu SMS-Liebeserklärungen.“ Lesen wird Daniel Keberle, der zu seiner Intendantenzeit am Landestheater etwa als Titus Feuerfuchs begeistert hat, berichtet Lutz Hochstraate.
Künftig werde das Festival „Begegnung“ biennal, also alle zwei Jahre und abwechselnd mit der Salzburg Biennale, stattfinden, so Lutz Hochstraate. Die Begegnung 2014 wird Louis Langree, Chefdirigent der Camerata, künstlerisch verantworten. Die kommenden Begegnungen werden unter dem Motto „Zeitenwende“ stehen: etwa die Frage, wie sich Revolution, oder andere Zeitpunkte, die die Welt verändert haben, auf die Musik der Zeit ausgewirkt haben. „Zeitenwenden gibt es auch in der Gegenwart", betonte Hochstraate, dem die Zeitgenössische Musik ein Anliegen ist. So wird ja auch das Festkonzert der Begegnung 2012 am 3. Mai mit einer Uraufführung eingeleitet, mit einer Fanfare von Shane Woodborne.
Nicht nur künstlerisch, auch wirtschaftlich stehe die Camerata, trotz der weltweit schwierigen Lage, gut da: „Die Zukunft ist mittelfristig stabil“, so der Geschäftsführer. Allein zu Beginn der kommenden Spielzeit sei man zweimal auf Tournee, in Mexiko mit vier Konzerten, und in Japan mit zwölf Konzerten in allen namhaften Orchesterhäusern. 95 Prozent des Budgets erwirtschaftet das Orchester selber, fünf Prozent seien Subventionen.