Arabisches Liebesgeflüster
PAUL HOFHAYMER GESELLSCHAFT
11/10/11 Eine Bühne für Bauchtanz wünscht man sich: Alte Liebeslieder aus der klassischen arabischen Musik standen am Sonntag (9.10.) auf dem Programm des Konzerts der Internationalen Paul Hofhaymer Gesellschaft der in der Schlosskirche Mirabell.
Von Erhard Petzel
Eine Bühne für Bauchtanz geht vielleicht in der Kirche nicht so gut. Dafür wenigstens ein Programm oder eine Conference mit ein paar musiktheoretischen und -praktischen Informationen. Die Zeit, da man hier im Westen in die arabische Musik eingelesen und eingehört war, liegt doch schon etwas zurück.
Mangelware an diesem Abend ist Platz in der gesteckt vollen Schlosskirche. Herbert Grassl, Komponist und Leiter der Hofhaymer Gesellschaft, verknüpft in seinem Statement die klassische arabische Musik über ihren weitreichenden Einfluss im Mittelalter mit unserer westlichen Musiktradition. Damit wird er dem Thema der Konzertreihe „Alte und Neue Musik“ zwar nur insofern gerecht, als mit Hossam Mahmoud ein heutiger Musiker aus Fleisch und Blut die klassische arabische Oud (bundlose Laute) spielt, der in der Landschaft zeitgenössischer Komponisten gut verwurzelt ist - aber es lohnt sich, der Anregung nach zu denken.
Immerhin hat die Pflege der europäischen Musik in Kairo, dem Zentrum arabischer Musik, auf Hochschulebene und in der Oper jahrzehntelange Tradition. Auch die traditionelle Musikerausbildung findet meist dort statt und nicht mehr im Haushalt eines Griots, eines berufsmäßigen Sängers und Geschichtenerzählers. Wir leben selbstverständlich mit afrikanischen und arabischen Musikern auf unseren Bühnen und Hochschulen. Da das in Zeiten wahrnehmungsverengender Xenophobie wieder gezeigt werden muss, ist der Fall eines Meisters der klassischen Oud in unserem Salzburger Musikhaushalt ein wahrer Glücksfall. Auch die arabische Musik ist längst bei uns angekommen und hat in Ethno, Pop und Jazz ihre spezifischen Spuren hinterlassen.
Umso rühriger mutet es an, wenn Salzburger Künstler, wie die Altistin Bernadette Furch, der in allen Schwierigkeiten zeitgenössischer Musik versierte Geiger Frank Stadler und der Schlagwerker Gerald Mertens auf Riqq und Rahmentrommel sich an arabischer Kunstmusik abarbeiten. Ein reizvoller Kosmos eigener Klangausdeutungen tut sich auf, in Tonleitern, deren Charakter in der Improvisation erst zur Entfaltung gebracht werden will und deren Melodien mit der Harmonie von rhythmischen Patterns unterlegt werden.
Bernadette Furch singt die Lieder mit warmem, ausdrucksstarken Timbre, aber doch glatt genug, dass sie für ein Konzert alter Musik taugen, allerdings weniger die Erwartung an exotischer Stimmfarbe erfüllend. Frank Stadler schmiegt sich im Unisono an, hat aber in den Soli und im Wechselspiel mit der Oud bessere Entfaltungsmöglichkeiten. Das Ensemble zeigt mit seinen Instrumenten, welcher Klangreichtum in dieser kleinen Besetzung möglich ist.
Dennoch wünschenswert: nicht nur nachspielen, sondern eine Befruchtung der auf dem westöstlichen Diwan Kuschelnden zu neuen exotischen Chimären und glühenden Phönixen. Es wäre erhebend, gelänge es, von Salzburger Boden aus einen spezifischen Impuls aus dem Umgang mit arabischer Musik zu entwickeln. Vielleicht ergeben sich ja durch den arabischen Frühling neue Möglichkeiten und weitere belebende Kontakte. Vielleicht gelingt in der Kultur das, woran eine ängstliche Politik scheitert. Das Publikum hat jedenfalls brav applaudiert. Einem alten Geheimrat aus fernen Tagen hätte es auch gefallen.