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Tango aus der Ukraine

STIFTUNG MOZARTEUM / LATINO MOZART

28/09/24 Vor allem begegnet dieser Tage die Musik des Genius loci jener aus Lateinamerika, bei dem die Stiftungs-Saison eröffnenden dreitägigen Festival Latino Mozart. Aber nicht nur. Am Eröffnungsabend hatten auch Ukrainer ein Wörtchen mitzureden.

Von Reinhard Kriechbaum

Mit „ungehobelt“ könnte man das Wort „chabakano“ übersetzen, und tatsächlich hebt das Stück Metro chabacano von dem Mexikaner Javier Álvarez so an, als seien Tango-Schrittfolgen ein wenig aus dem Tritt gekommen. Zweier- und Dreierrhythmen, swingend, federnd – das wird wohl nichts mit „Schritt-Schritt-Wiege-Schritt“, wie wir das in der Tanzschule eingebläut bekommen haben. Von der U-Bahn, vor allem einem Kunstwerk in einer Metrostation in Mexico City, hat sich der im Vorjahr verstorbene Komponist leiten lassen – es ist eine flotte Metrofahrt, auf der man ordentlich Meter macht.

Solche Rhythmen hat das Havanna Lyceum Orchestra, das von der Stiftung Mozarteum nach Kräften gefördert wird, im Blut. Diese vorwiegend jungen Musikerinnen und Musiker können auch Mozart recht gut, vor allem dann, wenn sie mit Corpsgeist auf einen Solisten hören können. So zart, wie sich am Freitagabend (27.9.) im Großen Saal des Mozarteums der ukrainische Geiger Valery Sokolov durch den langsamen Satz des Violinkonzerts A-Dur KV 219 gesungen hat, fand das Orchester viele Anknüpfungspunkte. Wenn in den Ecksätzen ein musikantischer Zugriff vonnöten ist, geht’s bei diesem Orchester gelegentlich schon ein wenig „chabakano“ zu. Aber jedenfalls beherzt.

Von allerlei Grenzgängereien ist zu erzählen, und die rühren daher, dass die Dirigentin des Abends, die Kanadierin Keri-Lynn Wilson, auch Gründerin und Leiterin des Ukrainian Freedom Orchestra ist. Wer sonst käme auf die Idee, eine Suite aus Opernstücken von Dmytro Bortniansky zu programmieren? Diesen Mozart-Zeitgenossen aus der Nordukraine hat es erst als Sängerknaben nach St. Petersburg verschlagen, wo er den Italiener Baldassare Galuppi kennen lernte. Mit diesem ging er nach Venedig und wurde dort selbst zum Opernkomponisten, der später wieder in St. Petersburg wirkte. Frühklassische Musik, ein wenig randständisch. Nicht unoriginell der „Tanz der Furien“ aus der Oper Alcide.

In der Ukraine ist der Dirigentin auch die Tango-Huldigung des 1953 geborenen Volodymyr Zubytsky untergekommen. Dessen Omaggio ad Astor Piazzolla, ein Konzert für gleich drei Soloinstrumente und Orchester, ist beim Havanna Lyceum Orchestra goldrichtig aufgehoben.

Die Solisten Valery Sokolov (Violine), Luis Carlos Juárez Salas (Klavier) und Jovica Ivanovic (Akkordeon) kamen jeweils allein in ausgreifenden Soloabschnitten zu Wort, die Schlagzeuger arbeiten sich herzblutig durchs einschlägige Instrumentarium: Tango nuovo, der direkt ins Tanzbein fährt. Wie genau der Ukrainer das Idiom getroffen hat, konnte man im direkten Vergleich mit der Danzón Nr. 2 von dem Mexikaner Arturo Márquez überprüfen. Kein Tango zwar, sondern ein kubanisches Tanz-Modell, aber auch spürbar von Piazzollas Geist getragen. Besonders aufhochen ließ in diesem Stück die gekonnte Instrumentierung, die vor allem für die Solobläser dankbare Aufgaben bereit hält. Ein von Rolando Villazón mit dem ihm eigenen Temperament moderierter Abend, der viel Spaß gemacht hat, .

Das Eröffnungs-Festival „Latino Mozart“ dauert bis Sonntag (19.9.) – mozarteum.at
Bilder: dpk-krie
Zum Vorbericht ¡Ay, caramba!

 

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