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Kaffeehausmusik statt Emotion

KULTURVEREINIGUNG / FRIEDRICH KLEINHAPL UND FRIENDS

15/12/22 „Cello und Klavier tanzen Tango“ lautete das Versprechen. Friedrich Kleinhapl auf dem Cello und Kim Barbier am Steinway ließen leidenschaftlichen Funkenflug erwarten. Es reichte aber nur zum Glosen. Auch Fritz Karl als Rezitator wirkte nur freundlich distanziert. So denn auch der Beifall.

Von Horst Reischenböck

Musik:conText heißt ein neues Abonnement-Format der Kulturvereinigung, das vier Abende bündelt. Pasión Tango – The Story ging am Mittwoch (14.12.) im Großen Saal des Mozarteums über die Bühne. Am Beginn wähnte man sich noch stimmig in der Historie des aus Argentinien in alle Welt übergeschwappten Tanzes. Zumal auf die durchaus zutreffende Charakterisierung von Pablo Neruda – „Tango ist der Geschlechtsakt selbst, nur mit anderen Mitteln“ – gleich einmal der berühmt-wirkungsvolle Tango Jalousie von Jacob Gade erklang. Den fanden sogar die Wiener Philharmoniker einer Aufnahme würdig.  

Es folgten Por una cabeza von Altmeister Carlos Gardel, mit dem zusammen Astor Piazzolla in der Jugend auch in einem Film spielte. Daraus entwickelte sich dann jedoch eine Art Etikttenschwindel, insofern es im weiteren Verlauf nur mehr um Astor Piazzolla ging. Dieser hat ja, wie längst allgemein bekannt, den klassischen Tango Argentino zum Tango Nuevo hin umgestaltet. Sehr zum Missfallen konservativer Landsleute. (Wie es die Sängerin Amileta Baltar, die die Titelrolle in seiner Oper Maria de Buenos Aires verkörperte, später ihren Enkeln schilderte. Auch über die Angst unter den italienischen Einwanderern oder die Probleme mit der auch dort aktiven Mafia.)

Durch Piazzollas Vater wiederum ist bekannt, dass sein Sohn den Musikunterricht sabotierte und über ein ihm geschenktes Bandoneon todunglücklich war. Wollte er doch nie Tangomusiker werden, für ihn das Schlimmste, was man sich vorstellen kann, weil in Argentiniens Hauptstadt nur in unanständigen Häusern gespielt. Später schuf er stattdessen eine bei uns unbekannt gebliebene preisgekrönte Sinfonie Buenos Aires. Wagte einen Besuch beim großen Pianisten Arthur Rubinstein, der in weiter empfahl, und landete als Student bei der legendären Nadja Boulanger, die ihn erst auf seine ureigensten Wurzeln aufmerksam machte.

Alles Piazzolla-Kennern eigentlich geläufig und im Original durch den Schauspieler Fritz Karl ins Gedächtnis gerufen. Dieser setzte, aus seinem Film- und Fernsehmetier heraus, leider zu großes Vertrauen in die Technik und darauf, dass das Mikrofon seine Stimme problemlos bis in die hinteren Reihen des Großen Saals trüge. Dem war nicht so. Lag es an der Technik? Am Ort? Vielleicht hätte man sich in der Universitätsaula als ursprünglicher Spielstätte beim Zuhören nicht ganz so konzentrieren und anstrengen müssen.

Was einem Geiger wie Gidon Kremer recht ist, nämlich Piazzolla in Bearbeitungen zu spielen, mag auch einem absoluten Cellovirtuosen wie Friedrich Kleinhapl nur billig sein. Dachte dieser offensichtlich. Nur dass die so auf sein Instrument plus Klavier reduzierten Bearbeitungen doch öfter schmerzlich die im Gedächtnis gespeichert originalen klanglichen Farben vermissen ließen:

Trotz aller virtuos ausgereitzen Finessen wie Glissandi, Flageolett, Spingbogen, oder zärtlich schmelzender Kantilene, wie etwa im melancholischen Adios Nonino auf den Tod des Vaters. Von Kim Barbier bis in Zupfen der Klaviersaiten hinein und gelegentlich auch durchaus aktiv dominierend mitgestaltet, kam gerade die die innewohnende Sinnlichkeit etwa von Oblivion oder Libertango nicht, wie gedacht, über den Podiumsrand.

Eins dieser grandiosen Stücke in einer solchen reduzierten Fassung irgendwo eingestreut, ja gern. Aber bei aller Liebe, Piazzolla so klanglich kammermusikalisch ausgedünnt ein ganzes Konzert lang? Und vor allem aber gab und gibt es auch noch andere Tango-Komponisten!

Bilder: KV / Chrisitian Jungwirth; Michael Reinicke; Dorothee Falke

 

 

 

 

 

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