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Am Dienstag geht der nächste Schwan

KULTURVEREINIGUNG / MOZARTEUMORCHESTER / BENJAMIN SCHMID

24/04/21 Ein erstes „Bravo“ im Live-Chat tauchte noch vor Ende des Violinkonzerts mitten in der Schlusskadenz auf. Zeitverzögerung im Stream oder spontane Begeisterung? Rund 170 Personen haben das digitale Konzert am Freitag (23.4.) abends verfolgt. „Nach- und Nacht-Hörer“ sind dazu gekommen. Am Samstag (24.4.) früh waren es 556 Aufrufe. Dann hat die Zählung neu begonnen.

von Heidemarie Klabacher

Die online-„Premiere“ des Konzerts mit dem Mozarteumorchester und Benjamin Schmid unter Leo Hussain ist zunächst Abonnenten, Mitgliedern und Sponsoren der Salzburger Kulturvereinigung vorbehalten. Ab Dienstag 27. April 10 Uhr ist der Stream über Facebook, Instagram und die Webseite kostenlos für alle zugänglich. Auf dem Programm stehen, nach einer Bläser-Fanfare von Paul Dukas, Tschaikowskys Schwanensee Ballettsuite und das Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 26 von Ermanno Wolf-Ferrari.

„Ein wunderbares Stück, zu selten gespielt, fast vergessen“, so Benjamin Schmid: „Es wurde kurz vor Ende des Krieges geschrieben und nach dem Krieg war solch schöne Musik nicht möglich.“ Heute könne man das Werk, „eine Liebeserklärung des Komponisten an eine Geigerin“, wieder abstrakt hören. Das sagte Benjamin Schmid in dem kurzen Backstage-Gespräch mit Kulturvereinigungs-Leiter Thomas Heißbauer und dem Dirigenten Leo Hussain. Auch er habe das Wolf-Ferrari Konzert erst jüngst kennengelernt, just in einer Aufnahme mit Benjamin Schmid, erzählte Leo Hussain. Er ist kurzfristig als Dirigent eingesprungen, da der ursprünglich eingeladene Gérard Korsten wegen der Corona-Beschränkungen nicht einreisen konnte.

Tatsächlich hat Ermanno Wolf-Ferraris D-Dur Violoinkonzert, geschrieben für die amerikanische Violinvirtuosin Guila Bustabo uraufgeführt am 7. Jänner 1944 in der Münchener Tonhalle, alles was man sich von einem Violinkonzert nur wünschen kann, wenn man keine komponierten Kommentare zum Zeitgeschehen erwartet: Vom ersten Satz Fantasia, in der Sologeige und Flöte delikat miteinander flirten, über die zentrale da und dort auch wenig dunklere Romanza bis zum dritten Satz Improvviso e Rondo finale sind sind alle technischen Anforderungen an die Geigenvirtuosen enthalten. Die wahre Herausforderung ist freilich ein strahlender singender Ton.

Diesen trifft Benjamin Schmid in jedem Augenblick, ohne mit einem Hauch Vibrato oder einem Portato zuviel die – durchaus immer naheliegende – Grenze zu Sentimentalität oder Schmalz auch nur zu streifen. Elegant, delikat. Bewegend etwa eine Abdunklung vom Lieblichen zum Nachdenklichen mit dem Einsatz der Oboe. Die Solokadenz, doppelgriff-gespickt, dabei federleicht gespielt, war wie ein Gruß vom Frühling. Vermutlich ist das thematisch recht kleingliedrige Werk (besonders im Finalsatz ist zwischen Wagner, Walzer und Zirkusmusik einfach „alles“ enthalten) ohne eine zugleich liebevolle und strenge Dirigentenhand nicht auszuhalten.

In der Wiedergabe mit Leo Hussain am Pult des Mozarteumorchesters und Benjamin Schmid als Solisten war es jedenfalls ein musikalischer Hochgenuss, die Rarität kennenzulernen.

Wäre an diesem Abend im Großen Festspielhaus zu Tschaikowskys Schwanensee Ballettsuite auch getanzt worden, hätte die Ausstattung wahrhaft üppig ausfallen müssen - und es wäre der Bühne trotzdem kein Leichtes gewesen, der farb- und klangmächtigen Musik ausreichend sinnlich Paroli zu bieten. Aber die Tänzerinnen, vom kleinsten bis zum sterbenden Schwan, wären von Leo Hussain und dem Mozarteumorchester quasi auf Händen getragen worden: Ein Genuss nicht nur die große Geste der Scènes oder die gar nicht folkloristisch banal daherkommenden Genretänze (der Danse Espagnole etwa hatte mit seinem beinah unbarmherzigen Rhythmus für Momente fast etwas bedrohlich Drängendes). Glanzlichter setzten die Soli von Harfe, Geige und Cello. Ein paar technische Aussetzer und Echos in der Übertragung taten dem Konzerterlebnis keinen Abbruch.

Freien Zugang zum Konzertstream für alle gibt es ab Dienstag (27.4.) um 10 Uhr unter - www.kulturvereinigung.com
Bilder: Stills aus dem YouTube-Video 
Zum dpk-Vorbericht Musik@home

 

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