Kampf von Oboe und Sandmann
BACH WERK VOKAL / ROMANTIK UND BAROCK
13/05/19 Zu einem Potpourri von Bach bis Rheinberger unter dem Motto „…denn es will Abend werden“ lud BachWerkVokal unter der Leitung von Gordon Safari passend zum Muttertag in die Christuskirche. Nicht jede Musik eignet sich für sehr kleine Besetzungen.
Von Christiane Keckeis
Das Wollen bezüglich der Dramaturgie war spürbar: Mit Rheinbergers Abendlied begann das Vokalensemble im hinteren Kirchenschiff, für das Publikum überraschend und um Stimmung bemüht, bevor die beiden Bachkantaten BWV 6 und 42 einen Programmteil mit romantischen Abend-und Nacht Liedern mit Schwerpunkt auf Brahms umrahmten, um mit Regers Die Nacht ist kommen das Konzert abzuschließen. Ob allein die textlichen Variationen zum Thema eine spannungsgebende Klammer um das doch einigermaßen diverse Programm zu bilden vermögen, mag dahingestellt sein, aber sicher konnte jede und jeder Zuhörende etwas für sich finden, was dem eigenen Geschmack entsprach.
Kleine Besetzungen sind Gordon Safaris Spezialität, was oft erfrischend sein kann, aber auch einige Gefahren in sich birgt, die diesmal recht deutlich zu hören waren. Die beiden Geigen des Instrumentalensembles beispielsweise kämpften tapfer, aber dermaßen in der Unterzahl konnten sie der Übermacht von Basso continuo und Holzbläsern nur wenig entgegensetzen. So mancher Bach'sche Dialog fand schlichtweg nicht statt. Die junge Sängerbesetzung wirkte – besonders im a capella Ensemble – inhomogen, sobald das Piano, dass gottlob in den Liedern zur Nacht einen großen Stellenwert hat, verlassen werden musste. Zudem waren einzelne Sängerinnen oder Sänger solistisch mit diesem doch anspruchsvollen musikalischen Programm technisch wie stimmlich überfordert. Wie sinnvoll es ist, solch junge durchaus vielversprechende Sängerinnen und Sänger, die noch mitten in der Ausbildung stehen, als Solisten ins Rampenlicht zu stellen? Beim familiär gesinnten Publikum in der Christuskirche trübte das zwar die Sympathie nicht, Mitzittern im Konzert ist dennoch unangenehm.
Gordon Safari selbst tendierte wie gewohnt bei Bach zu raschen Tempi, nachtaktiv sozusagen. Damit verzichtete er aber auf die introvertierte Intensität mancher Sätze, auf Phrasierungs-Möglichkeiten und auf Klang-Farben. Zu spüren war das etwa im Eingangssatz und im Sopranchoral der Kantate Bleib bei uns BWV 6 oder in der vergaloppierten Alt-Arie der Kantate BWV 42 Am Abend aber desselbigen Sabbats in der die Oboen heftig ums Überleben kämpften.
Auch viel Erfreuliches soll Erwähnung finden, etwa die sensible Klavierbegleitung von Marta Kucbora bei Schumann, Brahms und Schubert, die die Sängerschar achtsam trug. Die berührende ausdrucksstarke Gestaltung von Brahms' Wiegenlied und Sandmännchen durch die Sopranistin Silvia Moroder. Die sonore bewegliche Bassbariton-Stimme von Max Tavella und der warm timbrierte Alt von Tamara Obermayr. Der angenehm deutliche natürliche Erzählerduktus Alexander Hüttners im Bach-Rezitativ und das mitreißende Duett zwischen ihm und der Sopranistin Electra Lochhead, das durch ein präzises lebendiges Miteinander der Gestaltung im Zusammenhang mit dem markanten Basso continuo bestach. So ist man BachWerkVokal gewohnt.
Letztlich – nach einer entzückenden Fassung vom Mond, der aufgegangen ist, vom Sängerinnen-Viergesang sehr stimmig vorgetragen, und nach gemeinsamem, eben familiärem Kanonsingen – ging man mit der Überzeugung durchs Portal hinaus: Die können das besser als heute.