Klingende Wogen, wogende Klänge
MOZARTEUMORCHESTER / GRAF / SONNTAGSMATINEE
31/05/10 Es ist gar nicht so ungefährlich, einander in Stimmung und Duktus so ähnliche und in ihrer Klangwirkung so starke Werke zu programmieren: Zu leicht versinkt man im Wogen großen Orchesterklanges.Von Heidemarie Klabacher
Das Meer stand eindeutig im Mittelpunkt der vierten Sonntagsmatinee des Mozarteumorchester im Großen Festspielhaus - auch wenn es nur in Maurice Ravels „Un barque sur l’océan“ im Titel vorkam: Mit der wundersamen Miniatur in der Orchesterfassung des gleichnamigen Stücks aus dem Klavierzyklus „Miroirs“ war die Grundstimmung dieses Vormittags vorgegeben.
Sanftes Wogen und klangsinnliches Weben bestimmt ja auch das Concerto pour violoncelle aus 1970 des französischen Großmeisters Henri Dutilleux. Und dieser sieht sich ja selber als direkter Nachfahre Debussys und Ravels: Sein Cellokonzert „Tout un monde lointain“ ist in seinen fünf langsamen Sätzen auf Gedichte von Charles Baudelaire tatsächlich kaum weniger impressionistisch, als die Meeresskizze Ravels. Kongenialer Solist dieser farbsinnlichen Wiedergabe war der junge französische Cellist Gautier Capucon, der vollem, dabei immer schlank timbrierten Ton überzeugte.
Maurice Ravels „Symphonie choréographique“ aus 1912 „Daphnis e Chloé“ muss auch in Reichweite des Meeres spielen - denn immerhin kommen Piraten und rauben die schöne Schäferin. Sie tun das allerdings ebenfalls sehr feinsinnig mit sanftem „Oheohe“, das ein ganz klein wenig an den "Holländer" erinnert. Der Salzburger Bachchor brachte sich mit wortlosen aber klangvollen Vokalisen ein. Sonst sah man am Sonntag Vormittag vor seinen im Wohllaut vergehenden Sinnen vor allem die Nymphen und Schäfer im wiegenden Reigen. Die Glanzlichter des Sonnenlichts auf dem Meer flirrten ebenso über Quell und Hain.
Das Mozarteumorchester hat sich für dieses Bad im Wohlklang der Leitung durch einen alten Bekannten ebenso versichert, wie durch einen hoch dekorierten Experten: Hans Graf, zehn Jahre lang Chefdirigent des Mozarteumorchesters, wurde 2002 von der französischen Regierung die „Légion d’honneur“ als Anerkennung für seine weltweiten Verdienste um die französische Musik verliehen. Und neben den Sinfonien von Mozart und Schubert hat Hans Graf mit dem Orchestre National Bordeaux Aquitaine auch das gesamte Orchesterwerk von Henri Dutilleux eingespielt.
Dementsprechend brillant in der Auffächerung des orchestralen Farbenmaterials haben sich diese Klanggemälde denn auch im Raum entfaltet: Opulenz vom Feinsten.