Ausflug ins Grüne
CD-KRITIK / FIKUS
09/03/10 Marina Zettl und Thomas Mauerhofer pflücken auf ihrem CD-Ausflug "Fikus" farbenfrohe Wiesenblumen und überlassen dem Hörer einen frischen Strauß, der Lust auf mehr (Frühling) macht.Von Oliver Baumann
Topfpflanzen haben seit Josef Haders Abhandlungen in seinem Dauerbrenner “Privat” eine neue Rolle in der heimischen Popwelt zugewiesen bekommen. Diese Rolle zu hinterfragen und dabei die Welt von Flora und Grünlingen musikalisch neu auszuleuchten, schicken sich nun Marina Zettl und Thomas Mauerhofer mit ihrem Album „Fikus“ an. Die CD lädt schon mit ihrer aufwändigen und ansprechenden Covergestaltung zu weiterer Aufmerksamkeit ein.
Das junge Musiker-Duo, das auf eine profunde musikalische Ausbildung u.a. an der Kunstuni Graz verweisen kann, geht auf „Fikus“ aber über das bloße Gießen und Abwarten, das die Aufzucht eines Fikus hauptsächlich prägt, weit hinaus. Die elf Songs erscheinen viel eher als bunte Blumenwiese, die im Frühlingswind wiegt und von sonnigen Tagen kündet. Zettl und Mauerhofer pflücken daraus Stück für Stück und setzen es poppig zu einem erfrischenden Ganzen zusammen.
Behutsam und vorsichtig betreten sie das Blumenfeld, besingen in „almost written“ die vermeintliche Ausweglosigkeit des uns Vorbestimmten, um dieselbe Ausweglosigkeit in Liebesdingen am Beispiel „adam & eve“ lustvoll zu verdeutlichen. Besonders hervorzuleuchten aus der Pflanzenvielfalt vermag „love on a land line“, das mit seinem beschwingtem Beat durchaus Hitqualitäten aufweist. Den Schwung des Vorgängers nimmt „ride the tide“ auf, das mit den Zeilen „open up and go ahead, do what you’re looking for, don’t just wait and see – break free“ dem Topfpflanzendasein eine deutliche Abfuhr erteilt. Dieses Gefühl kehrt im verträumten „wonderful day“ wieder. Neben Lebensfreude und Aufbruch nehmen aber auch Abschied („departed girl“, „goodbye“), Einsamkeit (fikus“) und Trauer („5am in wonderland“) einen gewichtigen Teil des Albums ein.
Musikalisch ragt neben Zettls freundlich klarer Stimme besonders Mauerhofers facettenreiches Gitarrespiel und Christian Bakanics Akkordeon hervor. Beide prägen auch den Sound der Band Lofi Bohéme. Zusätzlichen Dünger für „Fikus“ steuert Oliver Stegers Bass bei. Dort und da mit Keyboard und Cello angereichert erlangt das Blattkleid des Fikus solche Dichte, dass auf Rhythmusinstrumente bzw. Schlagzeug getrost verzichtet werden kann.