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Komponisten und Verseschmiede

CD-KRITIK / MOZART UND ZEITGENOSSEN

03/08/12 Wenn Mozart über Salieri improvisiert hat, ergoss sich mit den Klängen Spott und Hohn über den  Hofkapellmeister. Das weiß man aus Milos Formans Film „Amadeus“. Ob Mozart sich über das Thema seiner Sechs Variationen G-Dur über die Arie „Mi caro Adone“ aus der Salieri-Oper „La fiera di Venezia“ auch lustig gemacht hat?

Von Heidemarie Klabacher

Eher selten begegnet man KV 180 mit seinen gut neun Minuten Spieldauer im Konzertsaal. Für einen Programmpunkt zu kurz, für eine Zugabe zu lang… Auf der CD „Mozart und Zeitgenossen“ befindet sich das liebenswürdige Variationenwerk in Gesellschaft etwa der Sonate A-Dur K 208 oder einer Toccata d-Moll von Domenico Scarlatti (virtuos!) oder der Sonate F-Dur und dem Andante aus einer Sonate d-Moll (in den Harmonien beinahe geheimnisvoll schwebend) von Domenico Cimarosa.

Die Pianistin Francesca Cardone spielt die Miniaturen klangvoll ausgesungen in den langsamen und angriffig zupackend in den schnellen Passagen. Reizvolle Stücke, untadelig musiziert, interessant insofern, als sie eben aus dem musikalischen Umfeld Mozarts und seiner Zeit stammen: So finden sich etwa noch die Sonate g-Moll op. 50 Nr. 3 von Muzio Clementi (aus dessen Sonate B-Dur op. 24 Nr. 2 Mozart das Fugenthema der Zauberflöten-Ouvertüre genommen hat), sowie zwei weitere Variationenwerke Mozarts über Themen aus Opern von Giovanni Paisiello und Giuseppe Sarti.

Bei der Musik funktioniert das mit den Zeitgenossen recht gut. Eine charmante kleine Sammlung ist entstanden. Doch auf der CD mit dem Untertitel „Eine musikalisch-literarische Reise durch Österreich und Italien“ sind auch Texte von Mozart-Zeitgenossen.

„Ich sah Pulchrettchen im Krankenbettchen, ein Märzenveilchen in seidenen Blättchen lag im Korsettchen das holde Mädchen…“, heißt es bei Lorenz Leopold Haschka, dem Dichter der Kaiserhymne, der das nicht einmal ironisch zu meinen scheint. Die Lesung des Duetts „Bei Männern welche Liebe fühlen“ mit verteilten Rollen wirkt dagegen einfach nur komisch – auch wenn Peter Simonischek den männlichen Part rezitiert und Isabel Karajan den weiblichen: Ohne die Musik des Genies dazu wirkt auch der Text eines brillanten Librettisten (Schikaneder) eher schräg.

Prominente Rezitatoren machen die Texte von Freimaurern und Illuminaten halt auch nicht zu Literatur. „Warum entzückt ein Kuss dich von Chlorinde, der Kuss von deinem Weibe nicht? Warum? Des Mädchens Kuss ist Sünde, der Kuss von deinem Weibe Pflicht“, reimte Joseph Freiherr von Sonnenfels. Immerhin hat er die Folter abschaffen wollen.

„Ein Wassertropfen fällt ins Meer und staunt über dessen Größe sehr. Er fühlt sich vernichtet und beschämt und hat sich darüber sehr gegrämt“. Das könnte fast Morgenstern sein. Leider ist das Gedicht von Antonio Salieris Freund Ignaz Franz Castelli und nimmt eine Wendung ins metaphysische. Da kommt kein Holzwurm gekrochen. Im Gegenteil: "Da kommt eine Muschel und nimmt ihn auf und er wird zu kostbaren Perle darauf.“ Fatal, wenn Dichter solchen Kalibers ihr Bild von der Frau einer Frau in den Mund legen, wie etwa Alois Blumauer in der Reimerei „Das Mädchen an ihren Spiegel“...

Immerhin hat sich auch ein Stück echte Literatur in die kuriose Sammlung hineinverirrt, „Hochbeglückt in deiner Liebe“ von Marianne von Willemer, von der viele Gedichte in Goethes "West-östlichem Divan" sind.

Mozart und Zeitgenossen. Eine musikalisch-literarische Reise durch Österreich und Italien: Francesca Cardone, Klavier. Peter Simonischek, Isabel Karajan, Rezitation. Futuresonic/Vertrieb durch Preiser-Records Wien; die Tracks können auch einzeln aus dem Internet herunter geladen werden www.preiserrecords.at

 

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