Straube ist nicht gleich Daube
CD-KRITIK / LAUTE
12/07/12 Skurrile Fehler gibt es! Da taucht auf der Rückseite der neuen CD von dem Lautenisten Lutz Kirchhof, in der detaillierten Werkliste, ein Komponist namens „Johann Friedrich Daube, 1730-1797“ auf. Den hat es wirklich gegeben, und auch er hat Lautensonaten geschrieben.
Was Lutz Kirchhof aber tatsächlich spielt, worüber er im Booklet berichtet und was das Cover vorne bestätigt: die zweite Lautensonate von dem 1785 gestorbenen Rudolf Straube. Der war in Leipzig Schüler von Bach und ging dann nach London, wogegen Kollege Daube erst in Berlin im Umkreis Friedrichs II. wirkte und dann ins Wien von Mozart und Haydn übersiedelte.
Der Fehler, der offenbar noch niemandem aufgefallen ist (auch im Internet-Vertrieb von jpc.de ist von Daube die Rede), macht immerhin auf etwas aufmerksam, was vielen Musikhörern nicht so gegenwärtig sein dürfte. Die Spätblüte der Laute endet keineswegs bei Komponisten wie dem Bach-Freund Sylvius Leopold Weiss (1686-1750), sondern sie wurde auch von Vertretern der galanten Epoche nicht ungern hergenommen. Und noch bei der Herausbildung des „klassischen“ Melodienvorrats spielten manche auf der Laute mit, egal, ob sie nun Daube oder Straube hießen.
Ob man in Straubes Stück – auch wenn es Lutz Kirchhof interpretatorisch adelt – mehr als ein Fundstück entlang eines Seitenwegs der Musikgeschichte sehen mag, bleibe dahingestellt. Alleweil gut, auch so etwas mal gehört zu haben. Ein anderer weitgehend Unbekannter, Johann Kropfganss d.J. (von ihm kennt man nur das Geburtsjahr 1708) hat kompositorisch schon deutlich mehr anzubieten. Der Einleitungssatz zur F-Dur-Sonate rauscht daher wie ein Präludium von Bach (mit dem Kropfganss gut bekannt, ja befreundet war), aber in den darauffolgenden suitenähnlichen Sätzen tauchen ebenfalls immer wieder Floskeln auf, die man in der Frühklassik verorten würde. Ein Stil-Mischwesen also, aber mit viel Reiz.
Im übrigen empfiehlt Lutz Kirchhof im Booklet den Hörern, den Lautstärkeregler möglichst zurückzudrehen. Die Laute bleibt leise, auch in ihrer Endzeit. Ein guter Tipp nicht zuletzt in Hinblick auf die die Sonate in a-Moll des Sylvius Leopold Weiss, mit knapp über einer halben Stunde Spieldauer länger als die beiden anderen Stücke zusammen. Sie steht also im Mittelpunkt dieser Werkfolge in jeder Hinsicht. Man versteht gut, dass sich Bach und Weiss auf amikaler Basis Wettstreite im Improvisieren geliefert haben sollen. Den Erfindungsreichtum, vor allem aber auch dem der Weiss’schen Lautenmusik innewohnenden zwingenden Melodiefluss zeichnet Kirchhof in einnehmender Weise nach.