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„Die sechste ist die keckste“

CD-KRITIK / MOZARTEUMORCHESTER

19/02/12 Im vergangenen Jahr sind zwei Live-Mitschnitte von Konzerten des Mozarteumorchesters herausgekommen: Anton Bruckners Sechste Symphonie unter Ivor Bolton und eine Festspiel-Matinee mit Alexander Lonquich in Personalunion als Leiter wie Solist.

Von Horst Reischenböck

Eine Gesamtaufnahme ist angepeilt, zwei Drittel der (nach offizieller Zählung) neun Symphonien von Anton Bruckner, jeweils in deren Letztfassungen, wurden mittlerweile vom Mozarteumorchester unter seinem Chef Ivor Bolton „abgearbeitet“. So salopp sollte das allerdings nicht formuliert werden, wurde doch mit der sechsten CD erneut ein Meilenstein erreicht. Dabei zählt Bruckners „Sechste“, die A-Dur-Sinfonie WAB 106, in der Publikumsgunst und auch für Dirigenten nicht unbedingt zu den Favoriten.

Bruckner hat das Werk Franz Liszt gewidmet, aber der setzte sich dennoch nicht dafür ein. Bruckner war wohl der Meinung gewesen, seinem Werk damit den Weg in die Öffentlichkeit zu erleichtern. Er selbst bekam ja zu Lebzeiten nur die beiden Binnensätze zu Gehör. Enttäuscht, rächte Bruckner sich übrigens mutmaßlich später insofern subtil, als er zu Liszts Begräbnis in Weimar dann an der Orgel ausgerechnet über dessen Schwiegersohn Richard Wagners „Parsifal“ fantasierte.

„Die Sechste ist die keckste“, meinte Bruckner selbst. Die Aufnahme vom Oktober 2010 aus dem Großen Festspielhaus lässt das durchaus glaubhaft werden. Schwungvoll geht’s schon in das eröffnende Maestoso bis in dessen aufgipfelnden Schluss hinein. Es fällt schwer, nicht in Euphorie zu verfallen. Fasziniert doch etwa die Streichergruppe bis in zartestes Piano hinein. Immer wieder vollmundig vom prachtvollen Blech bekrönt und dabei nicht bloß seitens der durchsichtig auffächernden Wiedergabetechnik exzellent abgemischt in den Duos mit den Holzbläsersoli. Oboe und Klarinette erspielten wieder einmal ein Sonderlob, speziell ob der klagenden Episoden des Trauermarsches. Die immer wieder geforderten Hörner, beispielsweise im Trio des Scherzos, gehören ebenso vor den Vorhang geholt. Der im besten Sinn final erstürmte Jubel bekräftigt dann nochmals die Erkenntnis, diese CD nicht nur Bruckner-Fans ans Herz zu legen!

Die Salzburger Festspiele haben in ihre „Dokumente“-Serie den Mitschnitt einer Matinee vom August 2009 aufgenommen. Am Beginn unter Alexander Lonquichs Leitung differenziert aufgefächert das halbe Dutzend „Deutscher“ KV 571. Sie fordern richtiggehend zum Tanz auf. Genauso beschwingt das Andante der festlich glänzenden „Linzer“ Sinfonie. Als abrupter Stimmungswechsel danach die großartigste unter allen Gelegenheitskompositionen Mozarts, die Maurerische Trauermusik, ebenfalls perfekt ausbalanciert in ihrer Klangfarbenmischung. Mit Lonquich als Pianist hört man dann noch das Klavierkonzert KV 482, das zweite in Es-Dur: im Vergleich nicht nur in vielen Details der Begleitung um jeweils ein maßgebliches Quäntchen nachdenklicher und mehr stimmungsvoll als man es aus früheren Einspielungen - Géza Anda/Bernhard Paumgartner, Karl Engel/Leopold Hager und Eric Heidsieck/Hans Graf - im Ohr hat.

Josef Anton Bruckner, Sinfonie Nr. 6 A-Dur WAB 106, Mozarteumorchester, Ltg. Ivor Bolton. Oehms Classics OC 404. - www.oehmsclassics.de
Wolfgang Amadé Mozart, Deutsche Tänze KV 571, Sinfonie C-Dur KV 425 „Linzer“, Maurerische Trauermusik c-Moll KV 479a (477), Klavierkonzert Es-Dur KV 482. Mozarteumorchester, Dirigent und Pianist Alexander Lonquich. Orfeo CD C 842 111 B - www.orfeo-international.de

 

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