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Friede mit Napoleon, Donner aus den Wolken

CD-KRITIK / PAUL WRANITZKY / SYMPHONIEN

01/06/22 Ein Musiker, der in Wien als Zeitgenosse Mozarts, Haydns und des jungen Beethoven bestehen wollte, musste schon was drauf haben. Paul Wranitzky, im selben Jahr wie Mozart in Mähren als Pavel Vranický geboren, galt nicht nur seinem Publikum viel.

Reinhard Kriechbaum

Paul Wranitzky ist bei der Uraufführung con Haydns Schöpfung am Konzertmeisterpult gesessen, auf ausdrücklichen Wunsch Haydns. Auch die eine oder andere Beethoven-Symphonie hob er, leitend mit der Geige in der Hand, aus der Taufe. Goethe dachte über eine Fortsetzung der Zauberflöte nach und liebäugelte mit Wranitzky als Komponisten. Vor allem aber wurde Paul Wranitzky in Wien als Symphonienschreiber hoch gehandelt. Von 45 auf uns gekommenen Werken wurden immerhin 22 zu Lebzeiten gedruckt. Auch zur Gattung Singspiel hat er beigetragen, Schikaneder hat in seinem Theater in der Wieden vor Mozarts Zauberflöte Wranitzkys Oberon produziert (dem freilich dann Carl Maria von Weber mit seiner Vertonung den Rang abgelaufen hat).

Einer jedenfalls, der viel Achtung genoss, als Komponist, Geiger, Theaterkapellmeister, der in den musikinteressierten Kreisen Wiens präsent war und sich auch drauf verstand, die Ohren seines Publikums zu kitzeln. Die Oberon-Ouvertüre, mit der die Akademie für Alte Musik Berlin ihre eigentlich drei Symphonien gewidmete Doppel-CD einleitet, hält manchen Elfenspuk bereit.

Auf die drei hier vorgelegten Symphonien könnte man das Etikett „Programmmusik“ kleben. Etwa auf die Grande Sinfonie caracteristique pour la paix avec la République francaise c-Moll op. 31. Im Jahr 1797 ist sie entstanden, der im Titel angesprochene Friede meint den Friedensvertrag von Campo Formio. Da reagierte der gewandte Paul Wranitzky auf gesteigertes öffentliches Interesse, denn die österreichische Monarchie hatte damals zwar Gegenden wie die Lombardei eingebüßt, aber Venedig und die dalmatinische Küste bis in die Bucht von Kotor dazu bekommen – man war jetzt Seefahrernation! In den vier Symphoniesätzen geht’s aber erst um die französische Revolution, um den Tod Ludwig XVI, dann um den ersten Koalitionskrieg und – nun sind wir im vierten Satz – um besagten Friedensschluss zwischen der Habsburgermonarchie und Napoleon. Ein Stück musikalisch illustrierte Zeitgeschichte in beinah vierzig Minuten, für die damalige Zeit schon symphonisches Großformat. Da ersetzen Märsche der Engländer, Österreicher und Deutschen das übliche Scherzo, das in den „Tumult einer Schlacht“ mündet. Im Finale dann „Freudengeschrei über den wiederhergestellten Frieden“. Das ist plakativ, aber handwerklich gut gemacht und deshalb auch für die Akademie für Alte Musik lohnend. Bernhard Fock leitet vom Kapellmeisterpult aus, wie es eben Paul Wranitzy auch getan hat. Funktioniert offenbar bestens.

Als im Jahr 1799 ein österreichischer Erzherzog eine polnische Großfürstin ehelichte, war dies Anlass für eine Huldigungs-Symphonie. Da durfte natürlich eine Polonaise nicht fehlen. Damals war Wranitzky „erster Orchester-Director der beiden K. K. Hoftheater in Wien“.

Ungedruck blieb eine dreisätzige Symphonie d-Moll mit dem Beinamen La Tempesta. Mit Pauken, großer Trommel und Windmaschine bricht das Unwetter herein, das sich aber auch wieder in Wohlgefallen auflöst. Nein, das ist keine Pastorale, ebensowenig wie die Friedens-Symphonie eine Eroika-Vorgängerin ist. Aber diese Stücke sind es allemal wert, aufgeführt zu werden. Paul Wranitzky verkehrte mit den Wiener Klassikern durchaus auf Augenhöhe.

Paul Wranitzky: Symphonies. Akademie für Alte Musik Berlin, Bernhard Korck (Konzertmeister). 2 CDs. deutsche harmonia mundi, DHM 10856417 – www.jpc.de

 

 

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