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Inferno von Betrug und Eifersucht

HÖRVERGNÜGEN / FRANCESCA DA RIMINI

18/02/22 Die Göttlichen Komödie des italienischen Nationaldichters und Philosophen – seine Schriften sind die Basis humanistischen Denkens bis heute – enthält einen  Opernstoff voll Verrat und Blut, Liebe und Mord: Es es die in Bruchstücken historische  Story um Francesca da Rimini.

Von Andreas Vogl

Bis in die Jetztzeit liefern Dantes Texte Inspiration für Kunst, Theater und Musik. Dazu zählt auch die Geschichte von Francesca da Rimini aus dem Inferno der Göttlichen Komödie. Der Stoff wurde unter anderem von Gabriele d’Annunzio, dem italienischen Fin de Siècle Dichter und späteren Faschismus-Ideologen im Jahr 1901 zu einem Stück für die große Eleonore Duse verarbeitet. In Berlin wurde diesem Text durch die gleichnamige Opernvertonung durch Riccardo Zandonai eine denkwürdige Neuinterpretation zuteil.

Zandonai, 1893 geboren, war einer der wichtigsten italienischen Opernkomponisten am Anfang des 20. Jahrhunderts, der Zeit des Versimo. Er studierte bei Pietro Mascagni und konnte durch seine sehr eigenwillige Musiksprache, teils impressionistisch angehaucht, dennoch mit großen und dramatischen Melodien, einem Puccini durchaus das Wasser reichen. Zandonais Opern basieren oft auf immensen literarischen Vorgaben wie Giulietta e Romeo nach Shakespeare oder I cavalieri di Ekebu nach Selma Lagerlöf. Dazu kommen Vertonungen auf Texte von Charles Dickens, Gottfried Keller oder Alexandre Dumas.

Besonders Francesca da Rimini, uraufgeführt am 19. Februar 1914, also vor 108 Jahren, ist im Repertoire der Opernhäuser immer wieder mal zu finden. Die New Yorker MET verzeichnet allein über vierzig Aufführungen seit 1916, darunter besonders denkwürdig in den 1980ern mit Plácido Domingo und Renata Scotto. Die Bregenzer Festspiele wagten sich 1994 an das Werk, durch deren CD Mitschnitt habe ich das Werk kennengelernt. 

Die Deutsche Oper Berlin hat nun, dank Christoph Loys stets behutsamen Entstaubungs-Regien der Handlung und dem, zugegeben teilweise schwierig umzusetzenden Werk, neues Leben eingehaucht. Präsentiert wird das Ergebnis einer äußerst gelungenen musikalischen Umsetzung nun auf DVD.

Kurz die Handlung. Francesca ist eine Frau zwischen drei Männern, genauer drei Brüdern in der kruden Zeit des Spätmittelalters. Politisch motiviert wird sie von der Familie mit einem Krüppel zwangs-verheiratet (Giovanni lo Sciancato – der Lahme). Es war eine perfide Täuschung. Denn als Bräutigam vorgestellt wurde ihr des Krüppels überaus attraktiver Bruder (Paolo il Bello - der  „Schöne“). Natürlich entsteht eine Dreiecksbeziehung, die vom dritten Bruder (Malatestino, dem „Einäugigen“) aufgedeckt wird. Inflagranti erwischt Giovanni das Liebespaar Francesca und Paolo und erdolcht die beiden Liebenden. 

Als thrillerartiges Kammerspiel in einem einengenden Erkerzimmer mit nur einer Türe in der Burg der Malatesta erzählt Regisseur Christoph Loy die Geschichte um Liebessehnsucht und Verrat spannend, stringent und mit fabelhaften Singschauspielern.Da ist Sara Jakubiak, die als Francesca sowohl die lyrisch-melancholischen, aber auch dramatisch-effektvollen Stimmauswüchse parat hat. Hervorragend meistert sie die Schlachtenszene im zweiten Akt oder auch die sinnlichen Duette mit ihrem Paolo. Dieser wird vom einem Shooting-Star der Tenorszene gesungen. Man muss mit solchen Superlativen vorsichtig sein, Star ist heute bald mal jemand. In dieser Oper aber passt Jonathan Tetelman, der sich dem österreichischen Publikum zuletzt als Cavaradossi in der aktuellen Tosca am Theater an der Wien vorgestellt hat, wie die Faust aufs Auge: Man versteht Francescas bedingungslose Liebe für den „Schönen“. Äußerliche Attraktivität und prachtvolle Stimmschönheit vereinen sich bei Jonathan Tetelman zur Idealbesetzung.

Die anderen Brüder sind mit Ivan Inverardi und Charles Workman ebenso perfekt gecastet. Carlo Rizzi, ein seit Jahren international verdienter Dirigent besonders im Belcanto-Repertoire und übrigens in Salzburg 2005 in der legendären Traviata im Einsatz, durchleuchtet präzise die Partitur gemeinsam mit dem Orchester und dem, ausschließlich aus dem Off agierenden Chor der Deutschen Oper Berlin. Er lässt die fantastischen Klangfarben Riccardo Zandonais in allen Facetten zur Geltung kommen. Auf dem leider immer kleiner werdenden Opern-DVD-Markt ist diese Veröffentlichung eine absolute Trouvaille. Sie lässt für den kommenden Sommer an der Salzach, wo Christof Loy sich einmal mehr Dantes Divina Comedia und dem Opern-Verismo mit dem 1918 uraufgeführten Il trittico von Giacomo Puccini widmen wird, große Vorfreude aufkommen.

Francesca da Rimini. Riccardo Zandonai. Deutsche Oper Berlin. Jakubiak, Tetelman, Rizzi, u.a.
Naxos 2.110711 - www.naxos.com

 

 

 

 

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