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Rares von Frauen- und Männerhand

CD-KRITIK / FRANCESCA CAMPANA

02/09/22 Schnell ist das rudimentär überlieferte Lebenswerk der Francesca Campana angehört: Gedruckt und überliefert sind fünfzehn Arie a una, due e tre voci. Dann gibt es von ihr nur noch zwei kleine Stücke, eine Solo-Arie und ein Madrigal für zwei Stimmen. Und aus.

Von Reinhard Kriechbaum

Frauen hatten es (nicht nur im Frühbarock) schwer, wenn sie nicht, wie etwa die eine Generation ältere Francesca Caccini oder die etwas jüngere Barbara Strozzi, aus kunst-affinen und einflussreichen Familien stammten. Francesca Campana, um 1615 in Rom geboren und vermutlich bis zu ihrem Tod 1665 dort ansässig, hat sich eine solche Verbindung erst erheiraten müssen. Über ihren Ehemann, den Organisten Giovan Carlo Rossi, wurde sie Schwägerin des Luigi Rossi, der in Rom eine gewisse Prominenz besaß. Aber gerade aus diesem späteren Lebensabschnitt ist gar keine Musik von ihr auf uns gekommen. Ein Buch mit Madrigalen ist verloren gegangen.

Ein erhellendes Briefdokument gibt es, das den schweren Stand von Musikerinnen damals illustriert. Der Dichter Fulvio Testi schwärmt von der jungen Dame und empfiehlt sie seinem Herzog Francesco I d'Este in Modena. Wie ein Engel singe sie, spiele „göttlich“ das Spinett, wolle in den Dienst eines Adeligen und ihm „dienen“. „È una donna di tempra“, heißt es in dem Brief, sie sei eine ausgeglichene Frau. Das klingt nicht gerade wie Musik in den Ohren heutiger, gendersensibler Leute.

Vier Sängerinnen und Sänger sind für die Ersteinspielung der Arie a una, due e tre voci aufgeboten, eine Blockflötistin und ein Geiger – und ein demgegenüber recht üppig besetztes Continuo mit zwei Theorben (auch Erzlaute, Gitarre), Harfe und Violone. Auch aufnahmetechnisch drängt sich diese etwas gar temperamentvolle Gruppe sehr in den Vordergrund. Der Stil der Francesca Campana: Sie war natürlich wohl vertraut mit der Seconda prattica à la Monteverdi, es finden sich lebhaft Deklamatorisches wie schlichtere Strophenlieder, madrigalesker Tonfall herrscht vor. In der Form wirken die Stücke ganz undogmatisch, wie spontan erfunden. Leider unterschlägt das Booklet die Liedtexte, was bei einer solchen Rarität doppelt schmerzt.

Zwischen den Ariengruppen stehen weitere instrumentale Raritäten, Canzonen und Partiten der Spätrenaissance aus einer Sammlung, die als Luigi Rossi Manuskript in der British Library liegt. Also Noten, die einst dem Schwager der Francesca Campana gehörten. Durchwegs völlig unbekannte Komponisten.

Francesca Campana: Arie a una, due e tre voci.Ricercare Antico, Ltg. Francesco Tomasi. Brilliant Classics 96008 – www.brilliantclassics.com

 

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