Geniestreich – und eine neue Welt
MOZARTWOCHE / HINTERGRUND / L 'ORFEO
23/01/24 Das Mozarteumorchester eröffnet heute Donnerstag (23.1.) unter der Leitung seines Chefdirigenten Roberto González-Monjas und dem Intendanten Rollando Villazón als Solisten die Mozartwoche. Mit dem Intendanten in der Titelrolle folgt morgen Freitag (24.1.) die Premiere von Claudio Monteverdis L'Orfeo.
Von Heidemarie Klabacher
Die erste Oper der Musikgeschichte hat Claudio Monteverdi geschrieben. Heißt es. So einfach ist es natürlich nicht. Denn „Neuerungen entstehen nicht voraussetzungslos, und lange etablierte Traditionen verschwinden nicht über Nacht“, schreibt Peter Wollny im Programmheft. Dabei ging es zunächst gar nicht um Neues, sondern um Altes: Schon früh im 16. Jahrhundert hätten sich humanistische Gelehrte um „die künstlerische Weiterentwicklung und stilgerechte Darbietung der klassischen antiken Dramen bemüht“. Ziel sei es gewesen, „den dramatischen Sologesang der Antike mit den musikalischen Mitteln ihrer Zeit neu zu erschaffen“.
Eine Gruppe Musiker und Gelehrte in Florenz glaubte, so schreibt Wollny, antiken Quellen „entnehmen zu dürfen, dass die griechischen Schauspieler ihre Texte in einer Art Sprechgesang darstellten“. Dafür gab es natürlich keine „Zeugnisse“, „daher sahen sich die Komponisten ... aufgefordert, den dramatischen Sologesang der Antike mit den musikalischen Mitteln ihrer Zeit neu zu erschaffen“. Beispiele sind erhalten. „Der eigentliche Durchbruch gelang aber erst einige Jahre später, als Claudio Monteverdi in seiner Funktion als Kapellmeister des Herzogs Vincenzo Gonzaga in Mantua seinen Orfeo präsentierte“, so Peter Wollny. Dass sich Monteverdi wenig für die Vergangenheit interessierte, sondern „eher von kühnen Experimenten fasziniert war“, entbehre nicht einer gewissen Ironie.
Bahnbrechende Neuerungen wie „die geniale Vermischung unterschiedlichster neuerer wie auch älterer Formen und Techniken aus, darunter die strophische Aria, das dramatische Rezitativ und die große monodische Szene“ waren Meilensteine. Neu ist nicht nur die „außergewöhnlich opulente Besetzung… sondern auch die Art, wie die einzelnen Instrumente zur Charakterisierung der jeweiligen Szene eingesetzt werden. Für die heiter-bukolische Stimmung im Reich der Nymphen und Schäfer im ersten und zweiten Akt sind das besonders die Streicher und Flöten. In der Unterwelt Orgel Zinken und Posaunen. „Der die Götter des Hades bezwingende liebliche Gesang des Orpheus erhält seine unverwechselbare Farbe dank Doppelharfe und zwei Soloviolinen.“
Die Premiere von L’Orfeo fand am 24. Februar 1607 im Palazzo Ducale von Mantua statt. Laut zeitgenössischer Dokumente sei die Aufführung ein überragender Erfolg gewesen, „besonders Herzog Vincenzo soll tief beeindruckt gewesen sein“. Die Titelrolle sang „der berühmte Tenor Francesco Rasi, den Herzog Vincenzo bereits 1598 an seinen Hof gerufen hatte“.
Den aktuellen Salzburger Orfeo singt Rolando Villazon, Intendant der Mozartwoche. Es ist eine Neuproduktion der Stiftung Mozarteum „in Anlehnung an die L’Orfeo-Produktion der Semperoper Dresden“. Christina Pluhar leitet das Ensemble L’Arpeggiata. Den Chor stellen Solisten des Philharmonia Chor einstudiert von Walter Zeh. Der Pupptenspieler Nikolaus Habjan zeichnet für die Inszenierung, Esther Balfe für die Choreographie und Jakob Brossmann für das Bühnenbild im Haus für Mozart. Neben Rolando Villazón singen Tamara Ivaniš die Partie der Euridice und Céline Scheen die Rollen der Musica und der Proserpina. Puppenspieler und Puppenspielerinnen sind ebenso dabei wie Tänzer des SEAD.
L'Orfeo – Aufführungen im Haus für Mozart FR (24.1.) und Freitag (31.1.) um 19.30, Sonntag (26.1.) 15 Uhr im Haus für Mozart – mozarteum.at
Bilder: ISM / Berlin akg-images; Innsbruck Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum