Das Lebensende im Asyl
BUCHPRÄSENTATION / MAX BLAEULICH
18/09/14 Max Blaeulich hat nach seiner „Menschenfresser“-Trilogie, in der es darum ging, wie wenig zimperlich sich Österreich eins als „Kolonialmacht“ verhalten hat, sechs Jahre verstreichen lassen. Aber jetzt ist er wieder voll da.
Von Werner Thuswaldner
Gemeinsam mit seiner Lektorin Jessica Beer vom Residenz Verlag stellte Max Blaeulich im Literaturhaus seinen neuen Roman „Unbarmherziges Glück“ vor. Der Titel allein signalisiert schon, dass ganz gewiss nicht ungetrübtes Wohlbefinden gemeint ist.
Blaeulich wendet sich den Erniedrigten und Beleidigten in der Gesellschaft zu. Sie leben, wenn man das „leben“ nennen kann, in einem Asyl im Nonntal. Sie schauen auf wenig Gutes zurück, denn sie wurden von den Ereignissen heftig gebeutelt. Gleichwohl haben sie sich, wie aus ihren Erzählungen, mit denen sie zurück blicken, hervorgeht, menschliche Würde bewahrt.
Blaeulich schreibt über sie alle - so grotesk sie einem erscheinen mögen - mit Empathie. Der Autor wartet also nicht bloß mit einem Report aus dem sozialen Abseits auf, um Mitleid zu wecken, sondern auch mit reichlich schwarzem Humor.
Der Rotkreuzhelfer etwa war so geistesgegenwärtig, dass er die einer Kreissäge zum Opfer gefallenen Finger in seiner belüfteten Jausenbox sichert, bevor es abgeht ins Krankenhaus. Was bleibt den Menschen nach einem Leben voller Entbehrungen im Asyl? Wie erträgt jemand die andauernden Schmerzen einer Arthrose?
Frau Berta ist die Hauptfigur. In der Nachkriegszeit war Frau Berta eine gefragte Repassiererin von Strümpfen: Damen aller Klassen kamen zu ihr, damit sie das Unglück mit der Laufmasche wieder in Ordnung bringe. Ihr Geschäftsmodell freilich ist durch die Entwicklung der Strumpfindustrie unter die Räder gekommen. Im Asyl ist es fast unmöglich, Abwechslung in den Alltag zu bringen. Das gelegentliche Umstellen der Möbel ist eine Verzweiflungsmaßnahme...
Max Blaeulich erweist sich als scharfer Beobachter. Auch diesmal sind die Figuren, die dem Leser begegnen, alles andere als Durchschnittsmenschen. Es sind Menschen mit ausgeprägten Eigenschaften. Seien es die Insassen des Armenasyls, die Pfleger oder die illustren Bewohner der Pension, in der der Erzähler seinen Stützpunkt hat.
Das Publikum bei der Lesung im Literaturhaus wurden mit beklemmenden Szenen konfrontiert, bekam dazwischen aber durchaus immer wieder zu spüren, auf wie seltsame Art galliger Humor wirken kann.