Hinein mitten ins Tabu
FESTWOCHEN GMUNDEN / LITERATURSCHWERPUNKT / RÜHM
07/08/13 „Geben Sie ihm einen Bleistift, und er macht Zeichnungen oder Bleistiftmusik. Geben Sie ihm eine Schreibmaschine, und er macht „schreibmaschinenideogramme“ (1954), konkrete Poesie oder lässt Goethes Erlkönig auf Schreibmaschine erklingen.“ Die Salzkammergut Festwochen Gmunden von 8. bis 11. August widmen ihren Literaturschwerpunkt heuer Gerhard Rühm.
Mit vier dicht programmierten Tagen will man die Gelegenheit bieten, „sich intensiv mit der Person und dem Schaffen dieses herausragenden Künstlers auseinanderzusetzen“, so Jutta Skokan und Franz Schuh, die das das Konzept entwickelt haben.
„Geben Sie ihm einen Rahmen, und er erfindet das Bild. Geben Sie ihm ein Bild, und er macht den Rahmen zum Thema. Und wenn Sie schon gar nicht mehr wissen, was Sie ihm noch geben könnten, geben Sie ihm gar nichts, stellen Sie Rühm in einen leeren Raum ohne irgendwelche Gegenstände und Materialien: Sie werden den Raum nach kurzer Zeit nicht wieder erkennen.“ So hymnisch feierte der Schriftsteller und Poet Michael Lentz vor drei Jahren den großen Gerhard Rühm zum 80. Geburtstag.
„Gerhard Rühms von unerschöpflicher Schaffenskraft geprägtes Lebenswerk reicht zurück bis in die fünfziger Jahre, als er gemeinsam mit Friedrich Achleitner, H. C. Artmann, Konrad Bayer und Oswald Wiener die Wiener Gruppe begründete“, erinnern die Programmverantwortlichen der Festswochen Gmunden. Er war in den 1950er und 1960er Jahren überwiegend literarisch tätig und wurde zuerst durch Buchveröffentlichungen experimenteller Poesie bekannt. Die Grenzen zwischen Literatur und Bildender Kunst oder Musik hat Gerhard Rühm ständig erweitert und überschritten: mit visueller Poesie, gestischer und konzeptioneller Zeichnungen, Fotomontage oder Buchobjekten, mit Sprech- und Tonbandtexten, Vokalensembles oder Tondichtungen.
„Gerhard Rühm zieht auch in seinen aktuellen Arbeiten als Grenzüberschreitender mannigfaltige und tabufreie Verbindungslinien zwischen den Künsten. Musik, bildende Kunst, Literatur und ihre Elemente Klang, Sprache, Zeichnung, Foto, Schrift, Übermalung dazu Aktion sind bei ihm Bausteine auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen“, so die Intendantin der Gmunder Festwochen Jutta Skokan und der Autor Franz Schuh.
Die Veranstaltung werde eine einzigartige Gelegenheit bieten, „dem Künstler an mehreren Tagen zu begegnen und sein Werk unmittelbar zu erleben“. Auf dem Programm stehen Lesungen, Konzerte und Performances mit dem Künstler. Auch Wegbegleiter, Germanisten, Journalisten und Künstler werden Gerhard Rühm und sein Werk mit eigenen Beiträgen, in Diskussionen und Referaten erklären, würdigen und kommentieren. Mit Gerhard Rühm, Friedrich Achleitner, Christian Ludwig Attersee, Monika Lichtenfeld, Peter Weibel, Thomas Eder, Michael Lentz, Hubert Sielecki, Gerhard Jaschke, Franz Josef Czernin, Paul Pechmann, Michael Fisch oder Friedrich W. Block.
Das mehrtägige Literaturfest innerhalb der Salzkammergut Festwochen Gmunden findet seit 2007 statt: Bisher war es Peter Handke, Christoph Ransmayr, Friederike Mayröcker, Ernst Jandl, Josef Winkler und Robert Menasse gewidmet. (SFG/dpk)