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Kulturgaunerei, Liebesleid, versteckte Ekstase

LITERATURFEST SALZBURG / ERÖFFNUNG

23/05/13 Hoch die Gläser auf Rausch und Ekstase, auch wenn diese sich inhaltlich vordrängten: Das Literaturfest Salzburg wurde am Mittwoch (22.5.) in der Großen Aula eröffnet. Und manchmal ist das Vorlesen selber eine eigene Kunstform – etwa wenn der Schweizer Poet Christian Uetz „liest“.

Von Oliwia Blender

425Grund zum Feiern: Die Kulturstadt Salzburg widmet sich schon zum sechsten Mal fünf Tage lang (fast) ausschließlich der Literatur: Lesungen, Diskussionen und gemeinsames Beisammensein sollen im öffentlichen Rahmen in Cafés, Hotels, Galerien und auf Bühnen stattfinden. Nicht die Kenner und ständigen Literaturhaus-Besucher sind das Zielpublikum des Literaturfest Salzburg, die breite Leserschaft soll mobilisiert werden und wachsen.

Musikalische Begrüßung im feierlichen Rahmen gab es für das Salzburger  Bildungsbürgertum vom griechischen Miscelanea Guitar Quartet. Willkommensworte von Jochen Jung wiesen auf die Funktion von Literatur hin: Was hat sie uns wohl mitzuteilen? „Uns selbst“ - und dafür brauche man ihr nur genügend Aufmerksamkeit zu schenken.

429Ein politisches Intro gab es auch: von Noch-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und SPÖ Kultursprecherin Dagmer Aigner. Erstere thematisierte ihren Rückzug und den daraus resultierenden Vorteil, sich nun auf liegengebliebene Bücher konzentrieren zu können. Zweitere versprach weitere Unterstützungen für weitere literarische Feste und betonte die Wichtigkeit einer Unterstützung der „leisen Kunstsparte“.

Die „Dichter“ selber kommen auch zu Wort. Ein Zeitfenster von zwanzig  Minuten für jeden der vier Autoren lässt keine Abschweifungen zu:

Ruth Klüger liest aus ihrem im Herbst erscheinenden Buch „Zerreißproben. Kommentierte Gedichte“. In diesem Werk ist sie gleichzeitig Autorin und Literaturwissenschaftlerin: Jedes ihrer Gedichte erhält eine Lese- und Interpretationsanweisung. Vorgelesen wird aus den Sparten 430„Wiener Gedichte“, „Jüdische Gedichte“ und „Träume“. Episch werden Heimat und Heimatlosigkeit, Identität, Vernichtung und Ungereimtheiten thematisiert.

Autobiographisch erzählt Eckhard Henscheid von seinem jugendlichen Umgang mit dem Kulturbetrieb: „Kulturgaunerei“ bezeichnet er seine damalige Tätigkeit als Musik- und Kulturkritiker. Die Verbindung von Musik und Literatur ergibt in seinem jüngsten Werk „Denkwürdigkeiten. Aus meinem Leben 1941-2011“ eine komische und bissige Hintergrundmelodie in seinem Lebenslauf.

Nach der Pause setzen Eva Menasse und der Schweizer Poet Christian Uetz das Liebesleiden einem Rauschzustand gleich. Ein Kapitel aus „Quasikristalle“, Menasses neuem Roman, beschreibt auf witzige Weise den Eifersuchtszustand einer verheirateten Frau. Die Panik vor dem Altern ist ebenso ein Leitfaden, wie auch die allseits bekannten Unterschiede von Mann und Frau in einem scheinbar „modernen“ Frauenleben.

431Dass das Vorlesen einer eigenen Kunstform entspricht, hat sich wohl auch Christian Uetz bei seiner Performance gedacht: Sein frei vorgetragener Text aus dem Roman „Nur Du, und nur Ich“ enthält Elemente des Poetry Slam. Schnell und lautmalerisch erzählt er von der Liebe, der Ungeduld, der sicheren Ungewissheit und von Vögeln.

Das Motto im Hinterkopf behaltend sucht man nach „Rausch und Ekstase“ in den gehörten Texten: Anscheinend geht es hier mehr um die Regel-Freiheit (in der Entstehung und Kategorisierung) von Literatur, als um die konkrete inhaltliche Thematisierung. Aber das Motto ist ja auch ein „heimliches“ (wie die Verantwortlichen mehrmals betonten) – und das Fest hat erst soeben begonnen. Versprochen wird viel Anreiz, über die verschiedenen Arten vom berauschenden Zuständen nachzudenken.

Zum Vorbericht Rausch und Ekstase in Theorie und Praxis
www.literaturfest-salzburg.at
Bilder: LFS/Wolfgang Becker/Marnul/Ekko von Schwichow/privat

 

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